Der Kommentar

Allein unter Radfahrern

22.11.2017

Von Fred Keicher

Die Klage übers Verkehrschaos ist wahrscheinlich so alt wie der Verkehr selber. Und viel geholfen hat die Erfindung von Lösungen, besonders von Patentlösungen, auch nicht.

Schon der Erzkomiker Karl Valentin hat in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts überlegt, wie man den Verkehr auf dem Münchener Karlsplatz, dem Stachus, das Verkehrsmonster zähmen könnte. Seine Lösung: „Montags die Fußgänger, dienstags die Radfahrer, mittwochs die Pkw.“

Was war der Mann naiv. Natürlich hat er die Tübinger Radfahrer nicht kennen können. Aber konnte man eigentlich jemals davon ausgehen, dass man unter Seinesgleichen gut aufgehoben ist? (Dem guten Bayern Valentin ist glücklicherweise erspart geblieben, die innerparteilichen Auseinandersetzungen in der CSU zu erleben.)

Ich persönlich fühle mich unter Tübinger Radfahrern nicht wohl. Man kann denen nicht einmal über den Weg trauen, wenn sie ihr Fahrrad schieben. Ich schrecke auch davor zurück, die Eberhardsbrücke fahrradfahrend zu überqueren. Da passiert fast nichts, aber alleine die Vorstellung, zwischen den Bussen sich durchzulavieren, ist abschreckend.

Natürlich sind das die Ängste eines alten Mannes. Denen würde auch nicht abgeholfen, wenn die Radwege in Tübingen sicherer wären. Die meisten sind nur auf die Fahrbahn aufgemalt. Andererseits: Wie sollte man das auf der Eberhardsbrücke besser machen? Und dann ist da das Problem, dass die schlimmsten Unfälle eh auf Radwegen passieren.

Das hier ist nicht der Ort, um Patentrezepte zu propagieren, nein, es ist nur der Ort, um ein riesiges Erstaunen zum Ausdruck zu bringen, welches hohe Risiko Radler von sich aus auf sich nehmen, um durch den Alltag zu preschen.

Hat das damit zu tun, dass neuerdings alle einen Helm tragen?

Zum Artikel

Erstellt:
22.11.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 50sec
zuletzt aktualisiert: 22.11.2017, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen