Kino der Wahlsieger

Beim Retro Cinema stimmt das Publikum ab

Heiko Heil und Sascha Kiontke, die beim Kino Arsenal in Tübingen angestellt sind, haben eigeninitiativ, selbstverantwortlich und mit viel Engagement das Retro Cinema auf die Beine gestellt. Seit Mai dieses Jahres wird jeden letzten Sonntag im Monat, begleitet von einem kleinen Rahmenprogramm, ein Filmklassiker in Originalfassung gezeigt. Wie die Auswahl der Filme und das ganze Prozedere hinter den Kulissen abläuft, erklären die beiden Filmvorführer im Gespräch.

20.09.2017

Heiko Heil (links) und Sascha Kiontke freuen sich über die positive Resonanz, auf die ihr neues Kinokonzept beim Tübinger Publikum stößt. Bild: Schmidt

Heiko Heil (links) und Sascha Kiontke freuen sich über die positive Resonanz, auf die ihr neues Kinokonzept beim Tübinger Publikum stößt. Bild: Schmidt

TAGBLATT ANZEIGER: Wie kam es zu der Idee und der Umsetzung des Retro Cinemas?

Heiko: Die Idee hat sich aus internen Arbeitsgruppen der Mitarbeiter(innen) entwickelt. Uns hat die Frage beschäftigt, wie wir neues Publikum ins Arsenal bringen. Neben dem Arsenal-Quiz kamen wir auf das Retro Cinema. Wir wollten alte Filmklassiker im O-Ton auf die große Leinwand bringen und daraus eine regelmäßige Veranstaltung machen.

Hat es funktioniert? Lockt das Konzept neues Publikum ins Kino?

Heiko: Ja, das geht sehr gut auf. Das liegt bestimmt auch an dem Novum, dass man abstimmen kann. Wir stellen monatlich zu bestimmten Themen drei Filme zur Auswahl und die Besucher können auf Facebook und an der Kinokasse für den Film stimmen, den sie am liebsten sehen wollen. Etwa zehn Tage vor der Vorführung steht der Film dann fest und wird beworben.

Sascha: Wir stellen einen deutlichen Zulauf fest. Bei den letzten beiden Vorführungen war der Kinosaal annähernd voll. Wenn man bedenkt, dass Semesterferien waren . . . .

Heiko: Auch die Stimmung nach den Vorführungen ist bei dem Format eine besondere. Es wird über Filme, Regisseure und so weiter gesprochen. Wie es in einer Kinokneipe sein sollte.

Welche Filme liefen bisher?

Heiko: Es ging los mit dem Überraschungsfilm „Die Fahrraddiebe“, dann folgte zum Thema Hotel „Psycho“ von Alfred Hitchcock, darauf zum Thema Science Fiction „Blade Runner“ und im August „Lolita“ von Stanley Kubrick zum Thema „Verbotene Liebe“. Das nächste Thema für den September lautet „Deutscher Film“.

Sascha: Auch wegen Werner Herzog, der kürzlich 75 geworden ist.

Heiko: Wir beschränken uns nicht ausschließlich auf Klassiker, sondern nehmen auch gerne mal Streifen hinzu, die Kultcharakter haben.

Verratet Ihr den TA-Lesern, welche Themen noch folgen könnten?

(Beide werfen sich einen verstohlenen Blick zu.) Heiko: Im Oktober denkt man natürlich an Halloween.

Sascha: Also, Thema Horrorfilm.

Heiko: Im November sind die Studierenden alle wieder in der Stadt, da bietet sich Tarantino an.

Wie setzt sich das Publikum zusammen?

Sascha: Ganz gemischt, von jungen Leuten, die schlicht keine Chance hatten, die Filme im Kino zu sehen, bis zu Rentnern, die sich Filme Jahrzehnte später noch einmal ansehen wollen.

Heiko: Fünf Euro sind auch wirklich ein guter Preis. Und durch die Regelmäßigkeit entwickelt sich das Ganze zu einer Marke. Immer mehr wissen, jeden letzten Sonntagabend im Monat läuft wieder ein Klassiker oder Kultfilm im Arsenal, über den ich selbst im Vorfeld mitentscheiden kann.

Sind Netflix und Co. ein Problem?

Sascha: Unserer Erfahrung nach überhaupt nicht. Es geht ums Kinoerlebnis. Die große Leinwand, das ganze Drumherum.

Bekommt Ihr jeden Film, den Ihr haben wollt?

Heiko: Das ist nicht immer so einfach, wie man es sich vielleicht vorstellt. Man muss recherchieren, welche Verleihe für Deutschland die jeweiligen Titel vertreiben, bei diesen dann anfragen und oft auch Sonderkonditionen aushandeln.

Sascha: Wir wollen die Filme schließlich in bester Qualität.

Gibt es Filme, die ihr auf jeden Fall noch zeigen und auch selbst sehen wollt?

Heiko: Zu viele! (lacht)

Sascha: Ich war damals zu jung, ich würde gerne Pulp Fiction auf der großen Leinwand sehen.Interview: Philipp Schmidt

Neben der Möglichkeit, an den Abstimmungen teilzunehmen, finden sich auf der Facebookseite viele interessante Zusatzinformationen: www.facebook.com/arsenalretrocinema

„Fitzcarraldo“ hat die aktuelle Abstimmung gewonnen und wird am Sonntag, 24. September, um 20 Uhr gezeigt. Davor ist um 18.30 Uhr die Doku „Genkingen - ein schwäbisches Volksmärchen“ zu sehen (die Regisseure sind zu Gast).

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Erstellt:
20.09.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 44sec
zuletzt aktualisiert: 20.09.2017, 01:00 Uhr

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