Prinz Karl kommt ins Schwabenalter

Der Tübinger Jazzverein erhält zum 40-jährigen Bestehen hohe Auszeichnung

Dass der Jazz in Tübingen heimisch geworden ist, ist sicherlich zu einem Großteil der Verdienst des Vereins „Jazz im Prinz Karl“: Seit 40 Jahren leisten die Veranstalter, die erst unlängst vom Downbeat-Magazin als eine der weltbesten Jazzkonzert-Veranstalter ausgezeichnet wurden, eigenständige Basisarbeit in Sachen Jazz.

13.09.2017

Den Jazz-im-Prinz-Karl-Machern ist es in den zurückliegenden 40 Jahren gelungen, Tübingen zu einer kleinen Hochburg für Jazzkonzerte zu entwickeln. Bilder: Spieß

Den Jazz-im-Prinz-Karl-Machern ist es in den zurückliegenden 40 Jahren gelungen, Tübingen zu einer kleinen Hochburg für Jazzkonzerte zu entwickeln. Bilder: Spieß

Dass der Verein „Jazz im Prinz Karl“ einmal in einer Reihe mit Jazzclubs wie dem Village Vanguard in New York, dem Ronny Scotts Club in London oder dem New Morning in Paris stehen würde, hätte keiner der Vereins-Verantwortlichen je zu träumen gewagt. Umso mehr freuen sich die Vorstände Richard Kaiser, Burchard Stocks und Helmut Hugo Burkhardt, dass die Auszeichnung als eine der besten Jazzclubs der Welt just im Jahr ihres 40-jährigen Bestehen ausgesprochen wurde – noch dazu von dem bekannten amerikanischen Jazzmagazin Downbeat.

Ja, was wäre der Jazz in Tübingen ohne die langen Nächte in der alten Mensa Prinz Karl oder später im lauschigen Schlosshof und auf der Sudhaus-Waldbühne? Angefangen hat alles vor 40 Jahren. Da brüteten ein paar langhaarige Jazz-Enthusiasten bei Gustav in der Haaggasse über der Idee, bekannte Jazzgruppen nach Tübingen einzuladen und sie in der alten Mensa „Prinz Karl“ auftreten zu lassen. Das erste Konzert mit der Ictus Band fand im Juni 1977 statt. Der Spielort mitten in der Altstadt machte es noch notwendig, die Fensteröffnungen zur Schallisolierung mit Matratzen auszustopfen. Trotzdem ließ sich der Spielort wegen zahlreicher Beschwerden von aufgebrachten Nachbarn nur ein paar Monate halten, danach zog der Verein mit seinen Konzerten in die Mensa Wilhelmstraße um. Geblieben ist der Name „Jazz im Prinz Karl“.

Vereinsgründer Richard Kaiser erinnert sich noch gut an die Aufbruchstimmung während der späten 1970er Jahre, als Miles Davis und Ella Fitzgerald die Konzerthallen füllten: „Wir haben damals aus dem Nichts heraus angefangen, mit den Jahren hat sich aber eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit zahlreichen Musikern und Veranstaltern entwickelt“, erzählt das dienstälteste Jazz-im-Prinz-Karl-Mitglied. Drei Jahre nach dem ersten Konzert gründeten Walter Springer, Otto Paul Burkhardt und eben Richard Kaiser den Verein. Von Anfang an war „Jazz im Prinz Karl“ eine rein ehrenamtliche Initiative und ist es bis heute geblieben. Auch der Anspruch, gerade internationalen Jazzgrößen ein Forum zu bieten, besteht nach wie vor, wenn auch finanzielle und räumliche Einschränkungen immer wieder mal einen Strich durch die Rechnung machten.

Dennoch ist es den Jazz-im-Prinz-Karl-Machern in den zurückliegenden 40 Jahren gelungen, Tübingen zu einer kleinen Hochburg für Jazzkonzerte zu entwickeln. Neben herausragenden deutschen Vertretern (Albert Mangelsdorff, Paul Kuhn, Dieter Ilg, Wolfgang Dauner) kamen zahlreiche internationale Größen wie Dexter Gordon, Chet Baker, Betty Carter, John Abercrombie, Don Cherry, Milt Jackson, Pharoah Sanders, Al DiMeola, Joe Zawinul, James Blood Ulmer, John Scofield, Chico Freeman, Dollar Brand, Art Blakey, Dave Holland, Archie Shepp, Richie Beirach, Esbjörn Svensson, Nils Landgren, Richard Galliano und China Moses in die Neckarstadt.

Seit Mitte der 1990er-Jahre hat sich das Sudhaus und gelegentlich die Rottenburger Zehntscheuer zu den Haupt-Veranstaltungsorten entwickelt. Außerdem fanden in der Vergangenheit Konzerte im DAI, im Institut Culturel Franco-Allemand und in der Stiftskirche statt. Auch mit anderen Organisationen wie den Jazz- und Klassiktagen oder dem Jazzclub Tübingen arbeitet der Verein eng zusammen. Durch die Bündelung verschiedener Kräfte und „flexibles Reagieren, wenn sich kurzfristig eine Möglichkeit ergibt“ ist es oft erst möglich, bekannte Künstler nach Tübingen zu lotsen.

Und auch das hat sich seit 1977 kaum geändert: Die Mittel sind knapp, sparsames Wirtschaften und Improvisationskunst sind weiterhin gefragt – damit „Jazz im Prinz Karl“ auch in den nächsten 40 Jahren die Tübinger Jazzszene bereichern kann. Jürgen Spieß

Zum Jubiläum tritt am 30. September, 20 Uhr das Bobo Stenson Trio im Sudhaus auf.

Mensa Prinz Karl.

Mensa Prinz Karl.

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Erstellt:
13.09.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 13.09.2017, 01:00 Uhr

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