Vielgestaltiger Cooljazz

Der französische Trompeter Erik Truffaz gastiert im franz.K

Viele bezeichnen ihn als Epigone der Jazzlegende Miles Davis: Der französische Trompeter Erik Truffaz kommt auf Einladung von franz.K und Jazzclub „In der Mitte“ mit seinem Quartet nach Reutlingen und lässt die von Miles Davis geprägte Cooljazz-Ära wieder aufleben.

26.10.2016

Epigone einer Jazzlegende: der französische Trompeter Eric Truffaz. Bild: Spieß

Epigone einer Jazzlegende: der französische Trompeter Eric Truffaz. Bild: Spieß

Reutlingen. Bereits als Zehnjähriger trat er im Tanzorchester seines Vaters auf und seit Anfang der 1990er-Jahre gehört er zu den stilprägenden Trompetern in Europa. Trotzdem gehört der am 3. April 1960 in Chene-Bougeries geborene Erik Truffaz zu jenen Phänomenen in den unendlichen Weiten des Jazz-Universums, die wohl für immer unergründbar bleiben. Denn erst seitdem sein Ton und Stil immer wieder mit dem von Miles Davis verglichen wird, kam plötzlich der Erfolg auf breiter Ebene – zumindest in seiner Heimat Frankreich. Dort erfreut er sich einer unvermittelten Beliebtheit, während er hierzulande noch immer als einer dieser Geheimtipp-Musiker gehandelt wird.

Bisher sind 18 Tonträger auf dem Markt, die Erik Truffaz unter eigenem Namen verantwortet und auf denen zu hören ist, das die geweckte Neugier berechtigt ist. Eigentlich spielt der 56-jährige Franzose keines dieser hippen Instrumente, die sich für elektronische Klangbearbeitung und exhibitionistisches Bühnen-Posing anbieten. Und auch von seinem Auftreten her wirkt Truffaz eher introvertiert, fast ein wenig schrullig und verloren. Doch sobald er die Trompete zum Mund führt, ist das Publikum baff erstaunt über die Beherrschung von Instrument und Material sowie seine offene Klanggestaltung. Er bringt ein relativ bescheidenes elektronisches Equipment auf die Bühne, mit dem er zuweilen den Trompetenton wie sein norwegischer Kollege Nils Petter Molvaer bearbeitet und verfremdet, ihn dadurch aber nicht unpersönlicher werden lässt, sondern im Gegenteil individuell und unverwechselbar.

Neben Truffaz gehören Benoit Corboz (Keyboard/Piano), Marcello Giuliani (E-Bass) und Arthur Hnatek (Schlagzeug) zum Ensemble. Die Eigenkompositionen, die überwiegend aus der Feder des Bandleaders stammen, füllen vergleichsweise viel Papier und verlangen erhebliche Präzision. Aber sie enthalten auch weite Räume, in denen sich die vier Instrumentalisten frei bewegen können. So entsteht eine Musik der kompromisslosen Präsenz, die sich längst von seinem großen Vorbild Miles Davis freigeschwommen hat. Keine subtile Klangforschung, sondern nachdrücklich behauptete Reibungen, kein sensibles Lauschen, Ausklingenlassen, sondern eher kraftbetontes Aufeinander-los-Spielen prägen seinen Jazz.

Auf seinem neuen Album „Doni Doni“ hat sich Truffaz nun auch noch der Musik Westafrikas und den Kompositionen der malischen Sängerin Rokia Traoré zugewandt. Trotzdem bleiben die Interpretationen stets suitenähnlich, schaffen einen idealen Bezugsrahmen für die Begleitmusiker und sind zugleich mit prägend für das Kollektiv. Dazu beschreibt Erik Truffaz mit langen Tonfolgen, Hall-, Echo- und anderen Delay-Effekten, plötzlichen Abbrüchen und abrupten Klangfarbenänderungen etwas wie eine Bewegung durch unbekannte dunkle Räume, deren Anfang und Ende er selbst definiert.

Vom pointierten Spannungsaufbau bis zu den feinen Solopassagen hat ein Konzert des Erik Truffaz Quartets jedenfalls alles, was man von einem anregenden Jazzabend erwarten kann. Jürgen Spieß

Das Erik Truffaz Quartet spielt am Sonntag, 30. Oktober, um 20 Uhr im Reutlinger franz.K.

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Erstellt:
26.10.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 26.10.2016, 01:00 Uhr

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