Museen im Kreis

Die Gedenkstätte Synagoge Baisingen ist die einzige erhaltene Synagoge im Kreis Tübingen

Die Synagoge in Baisingen hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: 1784 erbaut, mehrfach umgebaut, von den Nazis verwüstet, als Scheune genutzt. Seit 1998 ist die Gedenkstätte Synagoge Baisingen als Museum eingerichtet.

08.02.2017

Von Elke Thran

Kalender aus der Baisinger Synagoge. Bild: Elke Thran

Kalender aus der Baisinger Synagoge. Bild: Elke Thran

Baisingen. Im Spätmittelalter gab es im deutschen Südwesten zahlreiche jüdische Gemeinden. Weil aber Eberhard im Bart, der Gründer der Tübinger Universität, in seinem politischen Testament verfügte, dass sämtliche Juden aus seinem Land vertrieben werden sollten, lebten nach 1496 in Württemberg keine Juden mehr. Aber in den Gebieten des heutigen Landkreises Tübingen, die vor 1806 nicht zu Württemberg gehörten, konnten sich Juden durchaus niederlassen. So gewährten zum Beispiel die Baisinger Ortsherren, die Schenken von Stauffenberg, seit dem 17. Jahrhundert einigen „Schutzjuden“ das Bleiberecht.

1784 errichtete die Gemeinde eine eigene Synagoge im klassizistischen Stil, die in den folgenden 150 Jahren mehrfach umgebaut wurde. Während der Novemberpogrome am 10. November 1938 verwüsteten SA-Männer das Innere. Das Gebäude selbst wurde nicht angezündet, da die benachbarten Häuser sonst gefährdet worden wären. Bald darauf wurde die Synagoge als landwirtschaftliche Scheune genutzt und dazu ein großes Tor in die Ostwand gebrochen. Heute ist dieses Gebäude die einzige erhaltene Synagoge in unserem Landkrei0. Als das Gebäude als Museum hergerichtet wurde, entschied man sich, alle Spuren der Veränderung und Zerstörung zu erhalten, so dass man noch heute sieht, wo SA-Männer 1938 die Bänke herausrissen. Auf der Frauenempore kann man eine Dauerausstellung besichtigen, die viele spannende Objekte aus der Geschichte der ehemaligen Gemeinde zeigt.

Die jüdische Religion verbietet es, Schriftstücke in denen der Name Gottes auftaucht, wegzuwerfen, weshalb die Gemeinde „verbrauchte“ jüdische liturgische Schriften auf dem Dachboden der Synagoge lagerte. Diese Lagerorte nennt man Genisa. In der Baisinger Genisa fand man auch einen Kalender, in dem neben den jüdischen Feiertagen, den Wochenabschnitten, den Mondphasen und so weiter auch die christlichen Feiertage einschließlich der wichtigsten Heiligenfeste sowie Angaben über Markt- und Messetermine verzeichnet sind. Die Angaben beziehen sich auf den gesamten deutschsprachigen Raum – vom Elsass bis nach Böhmen. Für jüdischen Händler und Hausierer war solch ein Kalender unentbehrlich, denn sie mussten wissen, an welchen Tagen sie wegen eines christlichen Feiertages nicht hausieren gehen durften. Die Verbindung zwischen Juden und Christen waren also sehr vielfältig und eng. Elke Thran

Gedenkstätte

Synagoge Baisingen

Baisingen, Kaiserstraße 59a

Öffnungszeiten:

Sonntag: 14 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung

Kalender aus der Baisinger Synagoge. Bild: Elke Thran

Kalender aus der Baisinger Synagoge. Bild: Elke Thran