Zwei Jahre Mindestlohn

Die Gewerkschaft NGG warnt vor Lohn-Tricksereien durch Chefs

„Genau zwei Jahre gibt es den gesetzlichen Mindestlohn. Und jetzt ist er zum ersten Mal geklettert – auf 8,84 Euro“, sagt Karin Brugger von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).

25.01.2017

Der Mindestlohn ist zum ersten Mal gestiegen: von 8,50 Euro auf 8,84 Euro. Bild: NGG

Der Mindestlohn ist zum ersten Mal gestiegen: von 8,50 Euro auf 8,84 Euro. Bild: NGG

Ein „Cent-Lohn-Plus“ quer durch alle Jobs und Branchen, das einer Vollzeitkraft unterm Strich aber weit über 50 Euro pro Monat bringt. Egal, ob Küchenhilfe oder Verkäuferin im Backshop: Wer im Landkreis Tübingen vom Chef nur den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, verdient im Januar mehr Geld – und zwar 34 Cent pro Stunde.

Die NGG Ulm-Aalen-Göppingen ruft alle Mindestlohn-Beschäftigten auf, einen „Januar-Lohn-Check“ zu machen. „Sobald die Lohnabrechnung vorliegt, sollte jeder seinen Stundenlohn bis auf den letzten Cent nachrechnen. Die tatsächlich geleisteten Stunden und das Geld müssen dabei am Ende passen“, so Brugger. Die NGG-Geschäftsführerin warnt zudem vor „Lohn-Tricksereien durch die Hintertür“: „Es ist eine beliebte Chef-Masche, die Menschen länger arbeiten zu lassen, die Überstunden dabei aber nicht zu bezahlen. Das ist illegal.“

Vom „Schreckgespenst Mindestlohn“ spricht keiner mehr, so die NGG Ulm-Aalen-Göppingen. „Auch Arbeitgeber, die vor dem gesetzlichen Mindestlohn als ‚Job-Killer‘ und ‚Konjunktur-Bremse‘ gewarnt haben, sind in der Realität angekommen und kleinlaut geworden. Der absolute ‚Pflichtlohn für den Chef‘ ist auch von den Arbeitgebern akzeptiert. Mehr noch: Er hat sich bewährt und dazu beigetragen, die ruinöse Dumpinglohnspirale nach unten zu stoppen“, sagt Karin Brugger.

Als Zwei-Jahres-Bilanz zum Mindestlohn hat die NGG jetzt eine Beschäftigungsanalyse vorgelegt. Dazu hat das Pestel-Institut in Hannover Arbeitsmarktdaten der Bundesagentur für Arbeit im Auftrag der Gewerkschaft untersucht. Im Fokus dabei steht auch die Job-Entwicklung im Kreis Reutlingen. Ein Ergebnis: Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sind mehr reguläre Arbeitsplätze entstanden. Mitte vergangenen Jahres waren im Kreis Reutlingen rund 110 000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt – 4,4 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor, als es den gesetzlichen Mindestlohn noch nicht gab.

Gerade Hotels, Pensionen, Restaurants und Gaststätten im Kreis Reutlingen haben, so die NGG Ulm-Aalen-Göppingen, in der Mindestlohn-Phase mehr Personal eingestellt: Hier arbeiteten vor einem halben Jahr rund 2550 Menschen mit einem sozialversicherungspflichtigen Job. Im Vergleich zu 2014 macht das ein Plus von gut zwölf Prozent.

Für Karin Brugger ist beim Mindestlohn noch „deutlich Luft nach oben“: „Wir müssen Richtung 10 Euro pro Stunde – und dann weiter.“ fk

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Erstellt:
25.01.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 25.01.2017, 01:00 Uhr

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