Verschoben ist nicht aufgehoben

Die Mindestdauer des Erholungsurlaubs ist gesetzlich festgelegt

Ein Jahr und länger Ausnahmezustand im Betrieb: Darf man deshalb nicht frei machen? Das erklärt Marta Böning, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) .

20.09.2017

Urlaub kann der Chef nicht verbieten. Wer fünf Tage in der Woche arbeitet, hat Anspruch auf eine Jahresurlaub von mindestens vier Wochen. Bild: ©Jacek Chabraszewski - stock.adobe.com

Urlaub kann der Chef nicht verbieten. Wer fünf Tage in der Woche arbeitet, hat Anspruch auf eine Jahresurlaub von mindestens vier Wochen. Bild: ©Jacek Chabraszewski - stock.adobe.com

Ein Arbeitnehmer fragt: Ich arbeite seit einem Jahr in einem Zwei-Mann-Unternehmen, es gibt nur meinen Chef und mich – und keine Urlaubsvertretung. Im ersten halben Jahr konnte ich keinen Urlaub nehmen, weil wir so viel zu tun hatten, hieß es. Das hat sich aber nicht geändert. Jetzt habe ich ein Jahr komplett ohne Urlaub durchgearbeitet. Meine Anträge wurden regelmäßig verschoben, aus betrieblichen Gründen. Was kann ich tun?

Marta Böning vom DGB antwortet: Auch in einem Zwei-Mann-Unternehmen haben Sie das Recht auf bezahlten Erholungsurlaub. Das steht jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin zu, ganz unabhängig davon, wie groß der Betrieb ist und auch unabhängig davon, ob Sie es mit Ihrem Chef vereinbart haben.

Die Mindestdauer des Erholungsurlaubs ist gesetzlich festgelegt: Es sind 24 Urlaubstage im Kalenderjahr, gerechnet auf der Grundlage einer Sechs-Tage-Woche. Arbeiten Sie fünf Tage in der Woche, sind es 20 Tage, also vier Urlaubswochen. Zudem ist vorgeschrieben, dass mindestens zwei Wochen des Erholungsurlaubs zusammenhängend zu gewähren sind, um zumindest einmal im Jahr eine richtige Erholung zu ermöglichen. Sonntage und gesetzliche Feiertage werden in dem Mindesturlaub nicht verrechnet.

Ihr Chef kann von Ihnen nicht verlangen, dass Sie auf Ihren Urlaub verzichten. Aber nicht beantragter Urlaub verfällt im Folgejahr. Beschäftigte müssen deshalb selbstständig tätig werden, ihren Urlaub beantragen und angeben, wann und für wie lange sie frei nehmen wollen. Das sollten sie schriftlich dokumentieren.

Der Chef darf zwar den Wunschzeitraum ablehnen, wenn er betrieblich inakzeptabel ist, muss aber dann einen anderen festlegen. Verschoben darf nicht aufgehoben heißen. Spätestens im ersten Quartal des Folgejahres müssen Mitarbeiter ihren Urlaub nehmen können.

Geht der Chef, wie in Ihrem Fall, davon aus, dass er sich vor seiner Verpflichtung drücken kann, bleibt Ihnen eigentlich nichts anderes übrig, als Ihr Recht einzuklagen. Das Gericht kann hier die fehlende Entscheidung des Arbeitgebers ersetzen. Das Risiko, dass Ihr Chef anschließend behauptet, dass er Sie nicht mehr braucht, ist nicht vor der Hand zu weisen – der allgemeine Kündigungsschutz gilt in kleinsten Betrieben wie dem Ihren nicht. Aber mal ganz ehrlich – wollen Sie wirklich für jemanden arbeiten, der dermaßen rücksichtslos mit Ihnen umgeht? Sie sollten in jedem Fall rechtlichen Rat suchen. fk

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20.09.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 20.09.2017, 01:00 Uhr

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