Immer noch spritzig

Die Tübinger Feuerwehr ist 170 Jahre alt

1280. 1534. 1540. 1742. 1771. 1789. In diesen Jahren brannte es in Tübingen. Diese Brände hatten alle eins gemeinsam: Sie wären weniger verheerend ausgefallen, hätte es so etwas wie eine organisierte Brandbekämpfungseinrichtung in Tübingen gegeben.

17.05.2017

Von Andrea Bachmann

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es zwar erste Ansätze zu mehr oder weniger militärisch organisierten Lösch- und Pompiers-Corps, aber so richtig durchsetzen konnte sich die Idee, das Feuerlöschwesen als bürgerschaftliche Aufgabe zu begreifen, noch nicht. Am weitesten fortgeschritten war man in Schwäbisch Hall, da existierte schon 1837 eine Lösch- und Rettungskompanie, die sogar einmal im Jahr eine „Probe“ veranstaltete. Ansonsten war es höchstens üblich, die männliche Stadtbevölkerung in sogenannte Löschrotten einzuteilen und Tübingen verfügte über eine kleine Einsatztruppe aus Kaminfegern, Werkmeistern, Zimmerleuten und Maurern, die sich bei einem Gewitter auf der Hauptwache versammelten, um im Notfall schneller zur Stelle sein zu können.

Dann kam der Schock: Am 28. Februar 1847 fingen im Großherzoglichen Hoftheater der badischen Residenzstadt Karlsruhe die Vorhänge Feuer. Der Brand konnte zwar in 28 Minuten gelöscht werden, trotzdem kamen 65 Menschen um, 200 weitere wurden verletzt. Was die Stadtbrände nicht geschafft hatten, gelang ausgerechnet dem badischen Theaterbrand: Die Katastrophe sensibilisierte eine ganze Reihe Gemeinden, Feuerwehren schossen jetzt wie Pilze aus dem Boden. In Tübingen schlugen am 5. Mai 1847 – genau einen Tag nach dem Sturm auf die Schweickhardtsche Mühle - fünfzehn Mitglieder der Tübinger Turngemeinde dem Gemeinderat in einem Brief die Gründung eines freiwilligen Pompiers-Corps vor.

Das war nicht ungewöhnlich: In den Turnvereinen fanden sich nicht nur Männer, deren körperliche Fitness sie für den Einsatz im Löschwesen prädestinierte, hier waren auch die politisch fortschrittlichen Menschen versammelt, die es ernst mit Demokratie und kommunaler Verantwortung meinten sowie bereit waren, Zeit, Geld und Energie in eine gemeinsame bürgerschaftliche Aufgabe zu investieren.

Der Jurastudent Theodor Georgii skizzierte die organisatorische Form dieses Pompiers-Corps, das aus 50 Männern bestehen sollte, die sich regelmäßig – und nicht nur einmal im Jahr – zu feuerlöschtechnischen „Exercitien“ treffen sollten. Auch Ausrüstungswünsche wurden aufgelistet: „. . . einige Tragspritzen, einige Leitern und Taue, die Rettungsapparate und die Segeltücher . . .“.

Die Stadträte stimmten dem Gesuch zu und bereits am 11. Mai konnten die Tübinger Feuerwehrgründer zur Gründungsversammlung im Gasthof zum Lamm einladen. Die Stadt übernahm die Kosten für die Feuerwehrhelme, die übrige Ausrüstung musste von den Mitgliedern selbst beschafft und finanziert werden. Am 3. Juni traf man sich ein weiteres Mal und stimmte die Statuten der neuen Freiwilligen Feuerwehr ab.

Die Aufgabe der Feuerwehrleute bestand vor allem in der Arbeit der Steiger, die so gefährlich war, dass man sie in den freiwilligen Bereich verlegen musste: Die Steiger drangen, nachdem die sogenannten Einreißer, Sappeure genannt, ihnen durch Öffnen, Einreißen und Wegräumen von Hindernissen wie Türen und Fenstern den Weg bereitet hatten, mit Hilfe ihrer Leitern direkt in die brennenden Gebäude ein, um Personen und Sachwerte zu retten und mit kleinen Handspritzen aus nächster Nähe den Brandherd zu bekämpfen. Dazu konnte man niemanden zwingen.

Daneben gab es sogenannte Pflichtrotten, die Rettungs- und Wachmannschaften bildeten und aus der Bürgergarde und den Stadtreitern rekrutiert wurden. Aber die Feuerwehr, das Pompiers-Corps, bildet nach den Statuten das erste Glied der Löschmannschaft, und sie hat die Pflicht, bei Brandfällen das Leben und Eigentum der von der Gefahr Bedrohten nach Kräften zu retten und zu schützen“.Andrea Bachmann

Zum Artikel

Erstellt:
17.05.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 38sec
zuletzt aktualisiert: 17.05.2017, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen