Fast wie in Rottenburg

Ein Stadion und ich (7):Olympiastadion Serravalle

23.11.2016

Von Tobias Zug

Ein Stadion und ich (7):Olympiastadion Serravalle

Vergangene Woche war die deutsche Fußball-Nationalmannschaft drauf und dran, Sportgeschichte zu schreiben. Doch es blieb beim 8:0-Sieg in San Marino – so darf ich mich immer noch Augenzeuge nennen des höchsten deutschen Auswärtssieges aller Zeiten: das 13:0 vor zehn Jahren. Ebenfalls in San Marino.

Ein Kumpel und ich hatten damals etwas Geld, etwas Langeweile und noch mehr Zeit. Diese Kombination muss zu der Idee geführt haben, nach San Marino zu fahren, um den Nationalkickern unsere Unterstützung bei ihrem Europameisterschafts-Qualifikationsspiel zu zeigen. Über die Republik San Marino wussten wir leidlich wenig. Gewieft wie wir waren, kamen wir aber am Ziel an. Gecampt wurde im größeren Nachbarland Italien, in Rimini. Tags darauf ging’s mit dem Passat in die älteste bestehende Republik der Welt, die fast so groß ist wie die Stadt Tübingen. Serravalle heißt die Gemeinde, in der das Stadion war. Eine Leichtathletik-Anlage, die sich etwas euphemistisch Olympiastadion nennt – wobei sicher noch sehr viele korrupte IOC-Funktionäre kommen und gehen werden, bis dort mal Olympische Spiele ausgetragen werden. Architektonisch ist das „Stadio Olimpico“ zu vergleichen mit dem Rottenburger Hohenbergstadion: eine riesengroße Tartanbahn um den Rasenplatz, eine Tribüne auf einer Seite – und gut ist.

Tickets wollten wir damals wie viele andere Fans auch vor Ort kaufen. Blöderweise dachte die ältere Frau in ihrem Kassenhäuschen nicht daran, ihren Schlack zu öffnen. Zum Glück trafen wir den aus Entringen stammenden Alfred Sengle, der damals DFB-Sicherheitschef war. Der machte der Dame nach unserer Bitte klar, dass wir keine Scherereien und nur Eintrittskarten kaufen wollten – was dann plötzlich ging. Im Stadion standen wir auf dem unbedachten Teil der Tribüne in der letzten Reihe. Eine Folkloregruppe tanzte auf der Tartanbahn vor der Partie. Eine besoffene Meute forderte vor, während und nach dem Spiel den Rauswurf des damaligen DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder. Und der Polizist, der den Tribüneneingang bewachte, schaute bei jedem Schrei hoch: „Schon wieder ein Tor gefallen?“ – „Si!“ Tobias Zug

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Erstellt:
23.11.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 23.11.2016, 01:00 Uhr

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