Überforderte Eltern

IT-Experte spricht über die Gefahren im Internet

Erwin Markowsky ist IT- Sicherheitsexperte, sprich: Profi-Hacker. Am 24. Oktober ist er in Tübingen als Referent der kostenlosen Live-Hacking-Vorträge für Schüler und Eltern, die von der Sparda-Stiftung landesweit angeboten werden.

11.10.2017

Von Angelika Brieschke

IT-Experte spricht über die Gefahren im Internet

TAGBLATT ANZEIGER: Wie sind Sie darauf gekommen, Live-Hacking-Vorträge zu machen?

Erwin Markowsky: Ich arbeite bei einer Firma, 8com, die Penetrationstests macht. Das heißt, wir versuchen, Sicherheitslücken in Firmen zu finden. Irgendwann habe ich gedacht, wir sollten auch in die Schulen gehen, um Kinder und Jugendliche für die Gefahren, die im Internet und den sozialen Medien schlummern, zu sensibilisieren. Wenn man selber Familienvater ist, merkt man, wo’s schwierig wird. Man kann Gefahren ja nur erkennen, wenn man sie kennt. Erst, wenn eingebrochen wurde, fangen die Leute an, sich um Sicherheit zu kümmern.

Außerdem arbeite ich gerne mit Jugendlichen zusammen, ich war mal Fußballtrainer und da habe ich gemerkt, dass man die Kids am besten erreicht, wenn man auf sie zugeht.

Seit fünf, sechs Jahren bin ich für die Sparda-Surfsafe-Kampagne unterwegs.

Was erzählen Sie beim Vortrag?

Es sind zwei verschiedene Vorträge. Morgens rede ich vor Schülerinnen und Schülern, abends halte ich einen Vortrag vor Eltern.

Ich erzähle da schon Beispiele, die ich selbst oder Bekannte von mir erlebt haben. Zum Beispiel, wie es mein Neffe geschafft hat, mit einem kostenlosen Computerspiel innerhalb von zwei Stunden eine Rechnung von 1400 Euro zu produzieren. Oder wie Bekannte verzweifelt zu mir gekommen sind und hofften, dass ich ein Nacktfoto ihrer 12-jährigen Tochter aus dem Internet entfernen kann. Wobei ich da leider auch nicht viel machen kann. Einmal im Netz, sind die Inhalte nicht mehr zurückzunehmen. Das sollte man wissen.

Sollte man Kindern unter 12 Jahren das Internet verbieten?

Wenn ich ehrlich bin: Ich bin eher gegen Verbote. Das macht die Sache meist nur interessanter für die Kids. Ich setze eher auf ein Vertrauensverhältnis. Wenn ich eine Kinderschutz-Software installiert habe, dann habe ich gesagt: ‚Hör zu, das muss ich machen, aus den und den Gründen.‘ Ab wann ein Kind was darf, das müssen die Eltern entscheiden. Die kennen ihr Kind am besten. Für manche Kinder ist etwas mit 10 Jahren schon okay, was andere erst mit 13 sehen sollten. Allerdings sollten sich Eltern schon kümmern. Manche Kinder haben zum Beispiel schon mit 8,9 Jahren Whatsapp. Das finde ich viel zu früh.

Bei Whatsapp gibt es unterschiedliche Angaben, ab welchem Alter es erlaubt ist.

Bei Whatsapp ist im vergangenen Jahr die Altersgrenze auf 13 Jahre heruntergesetzt worden. Vorher war es ab 16 Jahren erlaubt.

Für viele Eltern ist das Thema Smartphone und Internet relativ anstrengend. Ständig gibt es neue Anwendungen, Apps und Spiele.

Ja, das überfordert Erwachsene relativ schnell. Alle sind berufstätig und haben wenig Zeit. Aber ich finde: Wenn man Kinder in die Welt gesetzt hat, dann muss man sich auch um sie kümmern. Wenn sie Auto fahren lernen, dann sorgt man auch dafür, dass sie Gefahren erkennen. Man will ja auch mal auf dem Beifahrersitz sitzen. (lacht)

Haben Sie einen Tipp?

Es ist relativ einfach: Man braucht nur Zeit zum Lesen. Auf der Sparda-Surfsafe-Seite steht eigentlich alles, was man wissen muss. Ich finde die Seite wirklich richtig toll. Klar kann man sich die Computerbild kaufen oder Heise online anschauen. Aber da steht nicht unbedingt was über Kinderschutz. Die Surfsafe-Seite wird ständig aktualisiert. Wenn man da jede Woche mal reinschaut, dann ist man gut informiert. Außerdem gibt es dort die „10 Gebote für Privatsphäre und Datenschutz“. Da kann man überprüfen, was man schon gemacht hat und was man noch tun sollte.

Überrascht Sie manchmal die Findigkeit von Hackern?

Eigentlich nicht, hacken ist mein Job. Im Grunde ist es so, dass man überall reinkommen kann. Alles kann gehackt werden. Man versucht nur, die Angriffsfläche zu verkleinern. Leider denken viele: ‚Warum sollte mich jemand hacken? Ich bin doch nicht Angela Merkel.‘ Aber wenn der ebay-Account geklaut ist, oder die ganze Identität, dann wird es schwierig. Dann kann der Hacker im Internet einkaufen gehen, auf Ihre Kosten.

Was haben Sie studiert?

Ich habe gar nicht studiert. Ich komme aus der Praxis. Ich habe Radio- und Fernsehmechaniker gelernt und da habe ich irgendwann Notebooks und Blackberrys zerlegt. Wir haben schon vor 20, 25 Jahren Nokia-Handys abhören können. Das Problem war nur: Das hat keiner geglaubt. Erst als rauskam, dass Angela Merkel und Barack Obama abgehört werden, hat man so richtig geglaubt, dass das auch gemacht wird.

Gibt es auch positive Seiten?

Ja, klar. Man kann mit seinen Freunden ganz anders vernetzt sein. Man kann Kontakte länger halten, auch wenn Freunde weit weg gezogen sind, zum Beispiel nach Amerika. Oder: Bei einem Unfall kann die Handy-Ortung sehr hilfreich sein. Es gibt schon einiges, was gut ist.

Interview: Angelika Brieschke

Der kostenlose Live-Hacking-Vortrag für Eltern ist am Dienstag, 24. Oktober, 19 Uhr in der Tübinger Hermann-Hepper-Halle, Westbahnhofstraße 14.

www.spardasurfesafe-bw.de

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Erstellt:
11.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 27sec
zuletzt aktualisiert: 11.10.2017, 01:00 Uhr

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