Kommentar

Lieber Derendinger!

07.12.2016

Von Angelika Brieschke

Unlängst haben Sie mir zum wiederholten Male mitgeteilt, dass ein Bürgersteig kein Fahrradweg ist. Sie haben es sogar recht laut gesagt.

Ganz ehrlich: Das weiß ich schon. Und um genau zu sein: Ich hatte noch nie gedacht, dass ein Bürgersteig ein Fahrradweg ist. Warum ich dann dennoch mit dem Rad auf dem Bürgersteig in Ihrer Heinlenstraße fahre? Ich habe ein starkes Interesse daran, mein und meines Kindes Überleben im morgendlichen Berufsverkehr sicher zu stellen. Denn morgens zwischen sieben und acht Uhr herrscht Krieg auf unseren Straßen und verloren hat, wer schwächer ist.

Die Idee der Stadt, manche Straßen so zu verengen, dass Radfahrer/innen quasi als menschliche Autofahrer-Bremse fungieren, mag ja in der Theorie einen gewissen Charme haben. In der Praxis ist sie nur was für Leute mit suizidaler Neigung.

Die Praxis sieht nämlich so aus: Ein Autofahrer verfolgt Sie so, dass Sie fürchten, gleich von ihm angeschoben zu werden. Kurz vor der großen Kreuzung, an der er anhalten muss, setzt er zum Vorbeidrängeln an, mit minimalem Abstand bei maximaler Geschwindigkeit.

Sie haben das mehrmals mit viel Glück überlebt und beschließen dann, ab jetzt immer den sichereren Fußgängerweg mit den zur Belehrung neigenden Anwohnern zu nehmen. Aber, lieber Derendinger, ich kann Ihre Neigung verstehen. Mir geht es genau so. Seit Wochen überlege ich mir jeden Morgen, welcher Ordnungshüter sich eigentlich für die zu einem Spontan-Parkplatz umfunktionierte Wendeplatte bei uns um die Ecke interessieren könnte. Den würde ich sehr gerne anrufen. Auch sehr gerne würde ich manchen Autofahrern laut erklären, dass „rechts vor links“ nicht nur für motorisierte Verkehrsteilnehmer gilt.

Aber ich verspreche Ihnen eins: Sobald sich alle Verkehrsteilnehmer an die gültigen Regeln halten – dann tue ich das auch.

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Erstellt:
07.12.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 54sec
zuletzt aktualisiert: 07.12.2016, 01:00 Uhr

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