Schräges Schneckentribunal

Lucie M. und das Tribunal des Escargots veröffentlicht ihr Debütalbum

Schräg, herzerfrischend und höchst innovativ: Lucie M. und das Tribunal des Escargots haben mit „Kreuzweise“ gerade ein beachtenswertes Debütalbum herausgebracht. Die Band mit dem sperrigen Namen bietet in ihren elf Songs einen amüsanten Liederzirkus, angereichert mit ironischen Widerhaken und tanzbaren Rhythmen.

22.02.2017

Lucie Mackert verleiht den Auftritten von Lucie M. und das Tribunal des Escargots eine besondere Note. Bild: Spieß

Lucie Mackert verleiht den Auftritten von Lucie M. und das Tribunal des Escargots eine besondere Note. Bild: Spieß

Sie präsentieren professionelle Livequalität, dicht gestaltete Songs mit einer Prise Ironie und dem nötigen Groove, um sich zu bewegen. Trotzdem teilt das Quartett aus Tübingen das Los von vielen Bands, die eigentlich das Zeug zu viel mehr hätten. Denn die Chance, irgendwann groß rauszukommen, ist ziemlich gering, die Konkurrenz groß. Thomas Maos (sechs- und zwölfsaitige E-Gitarren) und Julian Konzmann (Schlagzeug und Glockenspiel) aus Tübingen, Uli Sobotta (Euphonium und E-Bass) aus Bremen und die aus München stammende Sängerin, Schauspielerin und Gitarristin Lucie Mackert sind sich dessen bewusst und haben doch ihren ganz eigenen Stil gefunden: Ein Mix aus verschiedenen Musikgenres, vom Pop mit zuweilen schlagerhaften Zügen über Elektro-Swing, Calypso, Tango und Zirkusklängen bis hin zu schrägem, amüsant verpackten Indierock.

Dabei verspricht der Titel ihres Debütalbums nicht gerade leichte Kost: „Kreuzweise“ heißt es und hört sich nach wilden Kapriolen und viel Krach an. Doch nichts von alledem: Den vier Vollblutmusikern gelingt es, mit ironisch aufgeladenen Texten und einer folkinspirierten Mischung aus Independent-Rock und zum Teil skurrilen Einlagen ganz neue Töne anzuschlagen. Zudem lieben es die Musiker dieses eigenwilligen Kollektivs, sich bei ihren Liveauftritten zu verkleiden. Dann setzen sie sich hässliche Gesichtsmasken auf oder lesen hinter großen, mit Glubschaugen bemalten Brillen ihre Schnecken- und Meisengedichte vor. Dann wieder lässt Thomas Maos seine E-Gitarre wie weiland Frank Zappa aufjaulen. Zupforgien weiß er ebenso zu entfesseln wie zauberhafte Miniaturen mit kleinen instrumentalen Intermezzi. Dazu singt Lucie mit fragiler Stimme von der Langeweile des Alltags, von schlüpfrigen Schnecken und blinder Liebe.

Die seit zwei Jahren bestehende Band hat nicht nur einen ungewöhnlichen Namen, sie präsentiert auf ihrem Debütalbum auch einen unkonventionellen und durchaus anspruchsvollen Text- und Liederzirkus. Vor allem die junge Chansonpoetin und Schauspielerin Lucie Mackert, die erst unlängst den Troubadour-Förderpreis und die Goldene Heuschrecke gewonnen hat und für die Texte der Band zuständig ist, gibt dem Ganzen eine besondere Note. Als freie Schauspielerin war Lucie zuletzt bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen, im Theater Gütersloh, dem Staatstheater Karlsruhe, der fliegenden Volksbühne Frankfurt, dem Hofspielhaus München, dem Schauspiel Frankfurt und dem Zimmertheater Tübingen zu sehen, wo sie auch den Tübinger Gitarristen Thomas Maos kennengelernt hat.

Lucie Mackert ist aber auch seit Jahren als Sängerin, Liedermacherin und Multiinstrumentalistin unterwegs. Ihre Stimme klingt gezielt beiläufig und fast so, als wäre sie sich selbst fremd über dem scharfen, aufgerauten Klang von Thomas Maos‘ elektrischer Gitarre. Wenn er in die Saiten greift, hört sich das an, als hätten sich Zappa und der New Yorker Klangtüftler Elliot Sharp zu einer lockeren Session getroffen. Dazu schnauft das große Euphonium von Uli Sobota und im Hintergrund knallt das feinnervige Getrommel von Julian Konzmann. Fragil, offen und zerbrechlich wirken die Songs, geheimnisvoll, kompakt und selbstbewusst.

Es ist vermutlich dieses Pendeln zwischen unaufdringlicher Leichtigkeit und ironischer Distanz oder auch der skurrile Mix aus Elektro-Swing, Calypso, Tango und Rock, die das Quartett aus Tübingen als Band so schillernd interessant erscheinen lassen. Jürgen Spieß

Das neue Album kann man bei Rimpo in Tübingen bekommen oder unter den E-Mail-Adressen thomas.maos@gmx.net und mail@luciemackert.de bestellen.

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Erstellt:
22.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 37sec
zuletzt aktualisiert: 22.02.2017, 01:00 Uhr

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