Lustig und furchteinflößend

Manfred Reichstein über das Leben der Steinis

Die Steinis sind die älteste und originellste Tübinger Fasnetszunft. Pünktlich zum Schmotzigen Dauschdig gewährte Manfred Reichstein, der Gründer der Steinis, dem TAGBLATT ANZEIGER ein exklusives Interview (siehe auch den Kommentar auf dieser Seite).

22.02.2017

Manfred Reichstein ist stolz auf sein Gebiss. Bild: Bachmann

Manfred Reichstein ist stolz auf sein Gebiss. Bild: Bachmann

TAGBLATT ANZEIGER: Seit wann gibt es die Steinis?

Manfred Reichstein: Seit 1986 und ich bin der allererste Steini überhaupt. Ich bin entfernt verwandt mit dem Rulaman, dem Steinzeithelden von der Schwäbischen Alb, aber eigentlich sind wir Steinis einzigartig. Eine Gerberei in Metzingen hat mir damals Leder für mein schönes Häs gegeben, das war aber noch ganz luftig und ich war halb nackt. Mir war bitterkalt und auf meiner ersten Fasnet in Kusterdingen bin ich tatsächlich fast erfroren und es wäre mit den Steinis schon fast wieder aus gewesen. Ich habe einen Kumpel gefunden – so wie der Adam seine Eva gefunden hat – , der hat die Zähne mitgebracht, und dann wurden wir auf geheimnisvolle Weise immer mehr. Jetzt sind wir 17 aktive Steinis und dazu kommen noch der Narrensamen und die, die nicht mehr so richtig mitmachen.

Wo seid Ihr zu Hause?

Wir wohnen im Natursteinpark Rongen, da steht unsere Hütte und da wohnt auch unser zahmes Mammut. Das passt gut zu uns, wir fühlen uns sehr wohl dort. Da verschönern wir auch unser tolles Häs aus Leder und Fellen. Übrigens – wir haben fast gar keine Felle mehr und unser Narrensamen friert schon ganz schrecklich. Wenn jemand noch ein altes Schaffell oder so irgendwo herumliegen hat und uns das schenken möchte – das würde uns freuen!

Was macht Ihr am liebsten?

Am liebsten laufen wir bei Umzügen mit und necken die Leute! Wir möchten ihnen gerne zeigen, dass die Menschen trotz allen technologischen Fortschritts noch ganz einfach und primitiv sind. Eigentlich sprechen wir gar nicht, obwohl wir es mittlerweile ganz gut gelernt haben, sondern verständigen uns nur durch Zeichen und Geräusche und das klappt auch super. Wir zeigen, dass es ganz leicht sein kann, sich zu verstehen und miteinander Spaß zu haben.

Was ist das Besondere an Euch?

Steini zu sein! Steinis habe alle Freiheiten, Steinis können alles machen und sich alles erlauben. Wir tragen keine Larven und deshalb sehen wir alles! Wir kriegen alles mit und können darum viel besser mit den Menschen umgehen als andere Hästräger. Die müssen auch immer ihre Larve absetzen, wenn sie essen oder trinken oder reden wollen. Das müssen wir nicht. Wir haben nur unser wunderschönes Gebiss, auf das wir besonders stolz sind. Deshalb sind wir auch Steinis forever! Lustig und furchteinflößend und einzigartig. Wie die ganze alemannische Fasnet.

In Tübingen hat man es ja nicht so mit der Fasnet . . .

In Tübingen hat es immer eine Fasnet gegeben, erst nach der Reformation wurde die verboten. Und dann war Tübingen Universitätsstadt und die Herren Professoren haben keine Fasnet haben wollen, weil sie das bunte Treiben gestört hat. Deshalb ist in Tübingen die Fasnet auch nicht wieder gekommen als es eigentlich schon wieder erlaubt war. Ich war einer der ersten, der in Tübingen die Fasnet wieder hat aufleben lassen!

Fragen von Andrea Bachmann

Zum Artikel

Erstellt:
22.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 31sec
zuletzt aktualisiert: 22.02.2017, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen