Sommer, Sonne, Rauchverdruss

Natürlich mag keiner Tabakqualm in seiner eigenen Wohnung. Das gilt für Nichtraucher, Ex-Raucher und

10.08.2016

Von FRED KEICHER

FredKeicher muss leider oft unfreiwillig mitrauchen

Fred Keicher muss leider oft unfreiwillig mitrauchen

Natürlich mag keiner Tabakqualm in seiner eigenen Wohnung. Das gilt für Nichtraucher, Ex-Raucher und immer mehr auch für die Raucher selber. Raucher gehen zum Rauchen auf die Straße oder auf den Balkon. Je mehr öffentliche Gesundheitskampagnen das Rauchen zurückdrängen wollen, desto mehr wird Rauchen eine öffentliche Aktivität, fast eine Demonstration.

Sicher wird die frische Luft den Raucher/innen gut tun. Es gab Zeiten, da wurden sie in Firmen in den kleinsten Raum gepfercht – auch beim TAGBLATT. Heute stehen sie hier heroisch auf der Dachterrasse. Der Wind zerzaust die Haare und verwirbelt die Rauchpartikel in alle Richtungen.

Es gibt allerdings auch Raucher, die Wind und Wetter scheuen. Die stellen sich an die offene Balkontür gerade so, dass sie selber noch drinnen sind, aber den Rauch hinaushauchen, -pusten oder -blasen können, je nach Temperament. Der Rauch kriecht dann die Hauswand empor und sucht sich einen Spalt, wie er wieder ins Haus hineinkommen könne. Dieser Spalt ist im Sommer natürlich das offene Fenster der Wohnung drüber. Da sitzt der arme Mitraucher beim Sprudel und fühlt sich plötzlich in eine Bierkneipe versetzt. Beschwert er sich, kriegt er pampige Antworten.

Vielleicht sollte man Nachsicht mit den Rauchern haben. Das demonstrative, öffentliche Rauchen könnte das letzte Aufbegehren einer verschwindenden Minderheit sein. Nicht nur, dass sie früher sterben, was ja eine sehr private Angelegenheit ist. Wann etwa haben Sie im deutschen Fernsehen zum letzten Mal einen Rauchen sehen? Wahrscheinlich war es Helmut Schmidt. Schon vor zehn Jahren hat man dem großen Schriftsteller und Raucher Jean-Paul Sartre für ein Ausstellungsplakat die Zigarette wegretouchiert.

Der nächste Schritt steht unmittelbar bevor: Weil man Rauchern und Nichtrauchern die Schockfotos auf den Zigarettenpackungen nicht zumuten will, verschwinden auch in den Tübinger Geschäften die Packungen hinter einer Blende. Man wird die Raucher nur noch riechen können.

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Erstellt:
10.08.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 57sec
zuletzt aktualisiert: 10.08.2016, 01:00 Uhr

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