Nebraska

Nebraska

Roadmovie in expressivem Schwarzweiß um einen verwirrten Greis, der aufgrund einer Spam-Mail glaubt, Millionär zu sein.

13.01.2014

Von Dorothee Hermann

Steifbeinig stolpert der spillerige Alte über den Kiesstreifen am Rand der Schnellstraße. Die schuppenartigen Häuser, die Motels und Tankstellen erinnern ein wenig an Wim Wenders? „Paris, Texas?. Nur eben in einer monochromen, spätwinterlichen Ausgabe, wie es dem fortgeschrittenen Lebensalter von Woody (Bruce Dern) entspricht, der sich entlang der Highways zu seiner letzten Reise aufmacht, notfalls zu Fuß.

Seit eine dubiose Werbe-Mail ihm einen Millionengewinn versprochen hat, hat sich der wirrhaarige Ex-Mechaniker schon ein paar Mal heimlich abgesetzt, um die Kohle höchstpersönlich im weit entfernten Nebraska abzuholen. Er folgt der Junkversion des amerikanischen Traums, der verfassungsgemäß garantierten Suche nach dem Glück.
Das Realitätsprinzip setzt ihm zu. Der scheinbar ziellos herumirrende Alte wird von der Polizei aufgegriffen (oder von der eigenen körperlichen Schwäche außer Gefecht gesetzt). „Du hast dem Sheriff erzählt, dass du zu Fuß nach Nebraska willst?, sagt schicksalsergeben der Sohn (Will Forte als David), als er den Vater auf der Polizeiwache abholt. „Stimmt genau?, kontert der wortkarge Starrkopf.

Dennoch findet Woody in seinem Filius einen Weggefährten und Verbündeten ? zur Empörung seiner gemütlich kugeligen, aber stets scharfzüngigen Ehefrau Kate (June Squibb). David ist seinerseits ein Desillusionierter. Anders als seine Cousins hat er zwar noch einen Job, aber die Selbstverständlichkeit, mit der seine Elterngeneration ihre Familien gründete, ist ihm ein Rätsel.

Allmählich wendet sich die Perspektive vom Draußen des Unterwegsseins nach innen, in die Blinker Tavern in Woodys Herkunftsstädtchen Hawthorne, wo offene alte Rechnungen lauern ? oder angesichts seiner erwarteten Reichtümer flugs erfunden werden. Jenseits dieser Komödienelemente entwickelt sich eine leise Intimität zwischen Woody und seinem Sohn David, der nebenbei erfährt, dass es einen handfesten Grund für das Verstummen des Vaters gibt.

Regisseur Alexander Payne („About Schmidt?) ist ein wunderbar schräges Roadmovie gelungen, das soeben sechs Oscar-Nominierungen eingefahren hat. Das ist nicht zuletzt den Schauspielerveteranen Bruce Dern (77) und June Squibb (84) zu verdanken.

Alt, haarig, starrsinnig ? eine paradoxe Inkarnation des amerikanischen Traums.

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