Fromme Pfarrersfrau

Pauline Krone war eine der größten Wohltäterinnen der Stadt

07.12.2016

Pauline Krone war eine der größten Wohltäterinnen der Stadt

Pauline Krone, geb. Wörner, wurde am 7. Dezember 1859 geboren, von 1865 bis 1875 besuchte sie die Pestalozzischule in Zürich, von 1875 bis 1887 lebte sie in Tübingen, 1887 heiratet sie den Pfarrer Dr. Rudolf Krone, von 1887 bis 1892 lebte sie in Messkirch, von 1892 bis 1915 in Mötzingen. Dann zog sie nach Tübingen, wo sie am 4. Februar 1945 starb. Das ist in knappen Daten ihr Leben, das aber mit viel Arbeit und viel Wohltätigkeit gefüllt war.

Pauline Krone war nie erwerbstätig und hatte keine Kinder, sie war Pfarrerstochter, Pfarrersfrau und Pfarrerswitwe. In Tübingen galt sie vor allem in den 1920er-Jahren als eine der größten Wohltäterinnen der Stadt. Sie war die unangefochtene Königin der privaten Sozialfürsorge.

Bis zu ihrer Hochzeit hatte Pauline das Leben geführt, das für die Tochter eines Tübinger Theologen, der in Zürich eine Professur innehatte, üblich war: Hausarbeit, Lesen, Handarbeiten, Musizieren, Wohltätigkeit. Arbeiten galt als unschicklich, studieren war unmöglich. Die einzige Zukunftsaussicht war die der (Pfarr-) hausfrau und Mutter.

Ermutigt von der „Heidi“-Autorin Johanna Spyri, einer Freundin aus Züricher Zeiten, gibt Pauline Krone unter ihrem Mädchennamen Wörner einige Bände mit Erzählungen und einen Roman heraus und wird eine ziemlich erfolgreiche „Heimatschriftstellerin“: Ihr Thema ist die Landschaft des Kaiserstuhls und die Sorgen und Freuden der Menschen, die dort leben, ihre „Botschaft“ entspricht ihrem christlich-konservativen Weltbild. Bescheidenheit, Geduld, Dankbarkeit und Pflichtbewusstsein sind zentrale Elemente ihres Wertesystems. Ist der Umgang miteinander geprägt von Respekt und Nächstenliebe, braucht es „das neumodische Zeug mit der Gleichheit“, wie sie die Sozialdemokratie nennt, nicht. Dieses konservative Wertesystem hat vermutlich auch zu ihrem Erfolg beigetragen: Einer sozialreformerischen Suffragette wären potentielle Sponsoren vermutlich mit größerem Misstrauen begegnet als der bescheidenen und frommen Pfarrfrau, die helfen wollte, ohne bestehende Ordnungen in Frage zu stellen.

Pauline Krone-Wörner ist aber nicht nur Schriftstellerin, sondern in erster Linie Pfarrfrau, was ein hohes Maß an sozialem Engagement erforderte. So tritt die Schriftstellerin hinter die Sozialmanagerin zurück – was kein allzu großer Verlust für die deutsche Literatur war.

In Bötzingen setzt sie sich vor allem für die Einrichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen ein: „Krippe und Schule sind doppelte Wohltaten, weil sie uns und den Kindern zugleich zugute kommen.“

Nach dem Tod ihres Mannes zieht Pauline Krone wieder nach Tübingen und arbeitet hochprofessionell, aber ehrenamtlich in der Sozialfürsorge. Sie engagiert sich in verschiedenen Vereinigungen der freiwilligen Wohlfahrtspflege, sie ist Mitglied der Ortsfürsorgebehörde, des Ausschusses des Bezirkswohlfahrtsvereins, des Herbergsvereins, des Arbeitsausschusses des Jugendamts, des Ausschusses des evangelischen Frauenbundes, des Blauen Kreuzes und noch einiger mehr: Ein Vollzeitjob, dem sie gerecht werden kann, weil ihre Schwester Julie ihr den Haushalt führt und „den Herd warm hält“. Sie ist eine begabte Spendensammlerin und pflegt ein engmaschiges Netzwerk an Kontakten, das bis in die USA und die Schweiz reicht. Von 1923-25 übernehmen durch ihre Vermittlung der Kanton und die Stadt Schaffhausen eine Patenschaft für das durch Inflation und Wirtschaftskrise gebeutelte Tübingen. Mehrere Zugwaggonladungen Hilfsgüter werden nach Tübingen transportiert und an die Not leidende Bevölkerung verteilt. Man richtet eine Volksküche ein und organisiert eine Kleiderkammer. Während in Bötzingen ihr Engagement vor allem jungen Frauen mit Kindern gilt, kümmert sie sich in Tübingen persönlich besonders um die beiden Altenheime, das Bürgerheim und das Gutleutehaus, das nach ihrem Tod ihr zu Ehren „Pauline-Krone-Heim“ genannt wird.

Die Nationalsozialisten machen dem „Hilfswerk Krone“ ein Ende, indem zahlreiche soziale Hilfeleistungen vom Deutschen Frauenbund übernommen werden, der die Aktionen der Pfarrerswitwe regelrecht sabotiert. Die mittlerweile hochbetagte Pauline Krone zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück.

Ein Gesellschaftssystem, in dem Gott keine Rolle mehr spielen sollte, konnte sie nicht unterstützen: „Liebhaben ist doch die Summe alles Glückes und aller Erdensbestimmung. Wer von dieser Flamme durchädert ist, erwärmt damit alles, was in seine Nähe kommt. Eine solche Liebesfülle verbraucht sich nie, sie ist wie der Magnet, der nur an geheimer Kraft gewinnt, je mehr er an Kraft abgibt.“ Andrea Bachmann

Zum Artikel

Erstellt:
07.12.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 07.12.2016, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen