Das lokale Wikipedia

Vor zehn Jahren ging Tüpedia an den Start

Diese Serie würde es ohne Tüpedia, das Tübinger StadtWiki, nicht geben. Mittwoch für Mittwoch wird hier eine Geschichte erzählt, die mit Tübingen zu tun hat und die vor mehr oder weniger vielen Jahren in der laufenden Woche passiert ist – manchmal gelingt sogar eine Tagespunktlandung. Die Information, was an einem bestimmten Datum für Tübingen Wichtiges los war, liefert Tüpedia. Schnell, niederschwellig, zuverlässig und kostenfrei.

08.03.2017

Vor zehn Jahren ging Tüpedia an den Start

Am 7. März 2007 erschien der erste Artikel auf Tüpedia über das Französische Viertel. Mittlerweile gibt es 4160 Artikel und 3566 Bilder, jedes Jahr kommen ungefähr hundert neue Artikel dazu. Etwa 300 Menschen besuchen täglich diese Seite, jeder der mag, kann die Seite aktiv mitgestalten. Tüpedia ist ein virtueller öffentlicher Ort.

Gründerväter dieser gemeinschaftlichen Tübingen-Enzyklopädie sind Gerhard Groebe und Fabian Betz. Im Jahr 2007 erschien im Spiegel ein Artikel über das Karlsruher StadtWiki, das das größte der Welt war, Fabian Betz las ein Buch über die Geschichte der Ulmer Stadtteile, in Tübingen waren Medientage und Facebook war noch nicht so omnipräsent wie heute: Die Zeit war reif für ein Tübinger StadtWiki. Gerhard Groebe, Webdesigner und TAGBLATT-Fotograf hatte bereits die Domain TüWiki reserviert und die Wikipedia-Software hochgeladen. Man traf sich und legte los. Zum ersten Informationsabend in der Volkshochschule kamen zwar nur zwei Leute, aber am 22. Juli 2007, vier Monate nach der Gründung, waren bereits 66 Artikel online.

2009 wurde ein „Verein zur Förderung freien Wissens in der Region Tübingen / Reutlingen“ gegründet, um dem Ganzen einen institutionellen Rahmen zu geben. „Es gibt auch Wikis, die an Zeitungen angeschlossen sind oder von der Stadt betreut werden“, beobachtet Betz. „Hier ist es eben ein Verein.“

Mitmachen kann im Prinzip jeder. Ein halbes Dutzend Administratoren wacht darüber, dass die Artikel einen gewissen Qualitätsstandard haben, dass sie ausreichend mit Quellen und Belegen gedeckt sind und wirklich mit Tübingen zu tun haben. Außerdem passen sie auf, dass „Vandalen“ nicht in bereits fertigen Texten herumpfuschen. „Die gestörteste Seite auf Tüpedia ist das Grußwort von Boris Palmer“, verrät Fabian Betz. „Aber eigentlich hält sich dieser Vandalismus sehr im Rahmen. Das ist gut, denn es gefällt uns sehr, dass Tüpedia so offen ist.“

Im Laufe der Jahre haben Fabian Betz und seine Mitstreiter eine Menge ausprobiert: Blogs, Tagesmeldungen oder Schülerartikel - „eine schöne Sache, weil man eine Hausarbeit nicht nur für den Lehrer und die Schublade schreibt“, findet Betz- und wieder sein gelassen. Ein lockerer Stammtisch trifft sich in unregelmäßigen Abständen in der Loretto-Gaststätte. „Aber es gibt auch Menschen, die für Tüpedia schreiben, die habe ich noch nie von Angesicht zu Angesicht gesehen“, so Betz.

Die Community besteht aus etwa 25 Menschen, eine bunte Mischung von Leuten, die Lexika gut finden, Liebhaber verschwundener Dinge sind oder heimatkundlichen Interessen nachgehen. „Man braucht einen gewissen Sammeltrieb und man muss sich an Listen erfreuen können“, erklärt Betz, was an Tüpedia fasziniert. „In dunklen Stunden habe ich mich auch schon gefragt, ob ich ein Besserwisser bin.“

Im weltweiten StadtWiki-Ranking steht Tübingen auf Platz 20 – die Nummer Eins ist das Wiki zur Wiener Stadtgeschichte. Solche Spezialisierung ist Tüpedia fremd. Es ist gleichzeitig Stadtlexikon, Bildergalerie und Chronik. Es gibt sogar Kategorien, die nicht ganz ernst gemeint sind, in denen regelrechte Nonsens-Artikel Platz finden. Oder den Eintrag „Elefanten in Tübingen“. Tüpedia ist ein Medium, das eine Menge Möglichkeiten bietet. Nur eins wird es nie sein: vollständig, aktuell und fehlerfrei.

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Andrea Bachmann

Wer wissen möchte, wie Tüpedia genau funktioniert oder sich vorstellen könnte, mitzuschreiben, ist am Dienstag, 14. März, um 20 Uhr zu einem Geburtstags-Info-Abend in der Tübinger Volkshochschule (Katharinenstraße 18) eingeladen.