Die Legende lebt

Wishbone Ash macht den Seventies-Sound unsterblich

Wishbone Ash sind bekannt für ihre glasklaren Gitarren-Duelle und sie haben es musikalisch immer noch drauf. Und das, obwohl von der Ur-Besetzung nur noch Gitarrist und Sänger Andy Powell dabei ist. Der sympathische Glatzkopf ist die treibende Kraft, die den saitenlastigen Luxusliner lenkt.

18.01.2017

Wishbone-Ash-Sänger und Gitarrist Andy Powell gilt noch immer als einer der Top-Twenty-Gitarreros der U-Musik. Bild: Spieß

Wishbone-Ash-Sänger und Gitarrist Andy Powell gilt noch immer als einer der Top-Twenty-Gitarreros der U-Musik. Bild: Spieß

1972 waren sie mal die beliebteste britische Newcomer-Band. Ihre unvergessliche Platte „Argus“ wurde damals von den Musik-Magazinen „Melody-Maker“ und „Sounds“ zum Album des Jahres gewählt.

Seitdem ist allerdings viel Wasser die Themse hinabgeflossen. Wishbone Ash, 1969 in London gegründet und 1976 in die USA emigriert, sind seit fast 48 Jahren unterwegs in Sachen bodenständiger Rockmusik. Noch immer kultiviert die Band aus dem britischen Badeort Toquay in Devonshire ihren stilprägenden Sound mit breitriffigen Themen und ausufernden Instrumentalpassagen, der ihr Anfang der 1970er-Jahre den Ruf einer der weltbesten Art- und Hardrock-Gruppen einbrachte. Ihre alten Tracks finden sich nicht zuletzt auf unzähligen CD-Kompilationen – ideale Musik für alle, die gerade auf Achse sind.

Wenn die Leadgitarren im Gleichklang tönen, klingt es wie Status Quo, bei den durchweg faszinierenden Soli wie Carlos Santana, und beim dreistimmigen Gesang, einem weiteren Markenzeichen von Wishbone Ash, drängt sich der Vergleich mit Crosby, Stills, Nash & Young auf. Handgemachter Gitarrenrock ohne Keyboards ist das, ohne technischen Schnickschnack, ohne opulente Lightshow, geschweige denn durchgetakteter Choreographie – das ist heutzutage eben eine Seltenheit, ein rares Pflänzchen im Lady-Gaga- und Justin-Bieber-dominierten Musikbusiness.

Stattdessen überzeugen Wishbone Ash durch eine angenehm unprätentiöse Bühnenpräsenz, einem Touch von Woodstock“- und „Happening“-Atmosphäre und durch das unglaubliche Charisma des 66-jährigen Andy Powell, dem einzig verbliebenen Gründungsmitglied der Band, die durch unzählige Umbesetzungen personell stets in Bewegung blieb. Der mit modischer Glatze, schwarzer Designerbrille und Kinnbart auftretende Sänger und Gitarrist gilt noch immer als einer der Top-Twenty-Gitarreros der U-Musik, als einer, der so manchem Nachwuchsgitarristen als Vorbild dient. Umso mutiger, dass er sich mit dem finnischen Gitarrenmeister Muddy Manninen einen Mitstreiter ins Boot geholt hat, der ihm – zumindest an der Gitarre – fast die Show stiehlt.

Bei den eng verzahnten Chorussen der beiden Leadgitarren, bei den melodiösen Läufen, den glasklaren Gitarren-Duellen überwiegt stets die Spielfreude. Mit Basser Bob Skeat und Drummer Joe Crabtree verfügt die Wishbone-Ash-Crew des dritten Jahrtausends zudem über eine zuverlässige Rhythmusgruppe. Folglich sind die Konzerte von Wishbone Ash geprägt von musikalischer wie rhythmischer Präzision und von handwerklich höchster Qualität. Was übrigens auch für ihren exquisiten Sound gilt. In Tübingen werden sie einige Stücke ihres aktuellen Albums „Blue Horizon“ spielen, das für seine stilistische Vielfalt und energiereiche Performance hoch gelobt wurde. Doch der Schwerpunkt liegt natürlich bei den alten Songs mit Wiedererkennungswert, darunter auch das fulminante „F.U.B.B.“, ein epischer Longplayer, der durch ein langes Intro und seine fast orgiastische Steigerung besticht.

Es ist gut, dass bei all dem populären Gute-Laune-Mainstream in den Charts noch etwas Platz bleibt für die Legenden des Rock. Denn E-Gitarren verleihen Flügel – zumindest bei den Konzerten der Rock-Dinosaurier Wishbone Ash.

Jürgen Spieß

Wishbone Ash spielen am 20. Januar, um 20 Uhr im Tübinger Sudhaus, Hechinger Straße 203

Support: Steve Hill

Zum Artikel

Erstellt:
18.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 28sec
zuletzt aktualisiert: 18.01.2017, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen