Arbeitslosengeld statt Corona-Kredite

Aline Riedel und Jacob Bühler über die Not der Studierenden in Tübingen

Aline Riedel und Jacob Bühler engagieren sich zusammen mit der Verdi/GEW-Hochschulgruppe für Studierende der Uni Tübingen, die als Folge der Corona-Krise ihren Job verloren haben und sich in einer finanziellen Notlage befinden. Wir sprachen mit den beiden Studierenden über Kritik an Krediten und fehlendes WLAN in den Wohnheimen.

08.07.2020

Aline Riedel und Jacob Bühler fordern ein wirkungsvolles Rettungspaket für Studierende, die als Folge der Corona-Krise ihren Job verloren haben. Bild: Vivian Viacava Galaz

Aline Riedel und Jacob Bühler fordern ein wirkungsvolles Rettungspaket für Studierende, die als Folge der Corona-Krise ihren Job verloren haben. Bild: Vivian Viacava Galaz

TAGBLATT ANZEIGER: Warum haben Studierende das Gefühl, dass sie in der Corona-Krise allein gelassen werden?

Aline Riedel: Viele Studierende sind arbeitslos. Obwohl das Problem seit etwa vier Monaten besteht, bieten Bund und Länder den Betroffenen seither keine richtige finanzielle Unterstützung. Zwar hat die Politik einige Hilfen wie die Aufstockung der BAföG-Zahlungen beschlossen, aber davon profitieren nur wenige Studierende. Zudem erhalten Studierende weder Arbeitslosen- noch Kurzarbeitergeld. Das Corona-Darlehen, das Bildungsministerin Anja Karliczek den Studierenden in Aussicht gestellt hat, kommt viel zu spät. Wir haben unsere Jobs bereits Anfang März verloren. Die Darlehen konnten erst ab 8. Mai beantragt werden.

Wie viele Tübinger Studierende befinden sich in einer finanziellen Notlage?

Jacob Bühler: Für Tübingen gibt es dazu keine Zahlen. Eine Umfrage von Zenjob zeigt jedoch, dass 40 Prozent der Studierenden in Deutschland ihre Arbeit verloren haben und 20 Prozent von ihnen deshalb Schwierigkeiten haben, ihren Lebensunterhalt zu sichern. In Tübingen werden die Zahlen ähnlich sein. Beispielsweise hat eine Kommilitonin von mir in der Gastronomie gearbeitet und wurde dort wegen Corona gekündigt. Bei ihrem zweiten Job in der politischen Bildung wurde sie zwar nicht gekündigt, verdient aber, da sie dort nur auf Stundenbasis arbeitet, ebenfalls kein Geld.

Benötigen Studierende ein Corona-Rettungspaket? Und wie könnte das konkret aussehen?

Bühler: Es gibt dazu bereits sinnvolle Vorschläge, wie beispielsweise Arbeitslosengeld für Studierende statt Kredite. Von Seiten der Uni Tübingen wird die finanzielle Notlage der Studierenden leider kaum thematisiert. Und auch beim Studierendenwerk fehlt es nicht nur an der notwendigen Beratung, sondern auch an einer politischen Vertretung der Studierenden.

Wie kommen die Studierenden mit dem Online-Semester klar?

Riedel: Für die Studierenden, die Kinder haben oder sich um andere Angehörige kümmern müssen, ist das Online-Semester keine gute Lösung. Besonders in den Studierendenwohnheimen fehlt es oft an guten Internetverbindungen. Studierende, die sich keinen Laptop leisten können, werden mit finanziellen Problemen konfrontiert.

Bühler: Wir brauchen für die Online-Lehre eine klarere Strategie, die ich hier aktuell nicht sehe. Das fängt schon bei der Software an, die datenschutzkonform und allen zugänglich sein muss.

Fragen von Vivian Viacava Galaz