Landwirtschaftliche Nutzung

Auf den Spuren uralter Flurnamen: Hohenbarn

13.01.2021

Im Öschinger Wald heißt ein Gebiet Hohenbarn. Bild: Arndt Spieth

Im Öschinger Wald heißt ein Gebiet Hohenbarn. Bild: Arndt Spieth

Spaziert man durch die Wälder am Filsenberg oberhalb Öschingens, so trifft man auf die Flur Hohenbarn beziehungsweise Hohbarn. So inmitten der vielen Bäumen vermutet man nicht, dass es sich bei dem Flurnamen um eine landwirtschaftliche Einrichtung handelte.

Das Wort ‚Barn‘ bezeichnet im Schwäbischen zum einen die Holzgerüste zum Heutrocknen aber auch den Heuboden in der Scheune, der ‚Haibarn‘ und ‚barna‘ benennt das Aufschichten der Garben in der Scheune. Der Flurname ‚Hohenbarn‘ zeigt uns zum einen, dass viele der heutigen Waldgebiete im Mittelalter landwirtschaftliche Nutzflächen waren. Hier hoch oberhalb von Öschingen befanden sich offensichtlich landwirtschaftliche genutzte Wiesen und vermutlich auch eine Feldscheuer. Interessant sind die Zeitbezüge und ein Blick in Vergangenheit: Im frühen Mittelalter wuchsen die Siedlungen und viele Waldflächen wichen dem wachsenden Siedlungsdruck. Anfangs wurde Ackerland durch Brandrodungen vor allem in fruchtbaren Lagen geschaffen. Wie man heute weiß, schrumpfte der Waldanteil an der Gesamtfläche im heutigen Deutschland bis etwa um das Jahr 1300 auf weniger als ein Fünftel.

Später wurden zunehmend auch unfruchtbare Böden und Steillagen landwirtschaftlich genutzt, häufig für die Viehwirtschaft wobei man das Vieh zum Weiden in gelichtete Wälder (Hutewälder) trieb. Der Zustand war mit dem heutigen Landschaftsbild in England vergleichbar, das von Weiden und einzelnen Bäumen geprägt ist. Im Mittelalter führten ab 1350 ausgedehnte Pestepidemien immer wieder zum Massensterben in der Bevölkerung. Siedlungen verödeten und die großflächigen Wüstungen waren bald mit Bäumen zugewachsen, so dass um 1450 wieder rund 40 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands bewaldet war. Kriege, Hungersnöte und Seuchen entvölkerten immer wieder ganze Landstriche und ließen Wälder wachsen. In stabilen Zeiten wendete sich das Blatt und die Ackerflächen fraßen sich erneut in die Waldgebiete. Eine erste Verknappung von Holz zeichnete sich bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts ab, allerdings nahm bei uns der Anteil der bewaldeten Fläche durch die Verwüstungen des Dreißigjährigen Kriegs vorübergehend wieder zu. Zum Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Deutschland bis auf herrschaftliche Jagdforste kaum noch wirkliche Wälder. Holz war so knapp, dass bei strengen Wintern Zaunpfähle, Treppen und alle entbehrlichen Gegenstände aus Holz verbrannt werden mussten. Das führte zu einem wichtigen Umdenken. Allerorts gab es nun Aufforstungen und neue, nachhaltigere Formen der Waldnutzung wurden entwickelt. Es entstanden die Wälder, wie wir sie heute kennen.

Der Flurname Hohenbarn lässt eine sprachliche Verquickung zwischen Schwäbisch und Englisch vermuten, wo Barn ja das Wort für „Scheune“ ist. Die Sache ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen: Vor der Völkerwanderung lebten die Angeln und Sachsen entlang der Ostseeküste in Jütland und die Schwaben „Sueben“ gleich nebenan zwischen Elbe und Oder. Sie siedelten ebenfalls an der Ostsee, die deshalb von den Römern den Namen „Mare Suebicum“ bekam. Vermutlich ist es daher kein Zufall, wenn zum Beispiel der Stuttgarter ‚Haigst‘, ursprünglich der höchste Punkt der Stadt, von den einstigen Nachbarn als ‚highest‘ bezeichnen worden wäre und das schwäbische ‚faif‘ und englische ‚five‘ für fünf sich ähnlich anhören. Ich kann mich noch gut entsinnen, dass unser aus London stammender Englischlehrer im Unterricht gerne in die schwäbische Wörterkiste griff mit der scherzhaften Behauptung, dass Schwäbisch vom Englischen stammen würde. Arndt Spieth

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Erstellt:
13.01.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 13.01.2021, 01:00 Uhr

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