Keine Wegwerfware

Ausgesetzte Tiere leiden unter Stress und Krankheiten

In den nächsten Wochen können die Tierheime wieder mit viel Zuwachs rechnen, denn Sommerzeit ist (leider) Tieraussetzzeit.

03.07.2019

Vor einigen Jahren wurden zwei Gelbbauch-Schmuckschildkröten im Teich im Ehrenbachtal gesichtet. Das ist kein natürliches Biotop für diese Wassertiere. Archivbild: Markus Bühler

Vor einigen Jahren wurden zwei Gelbbauch-Schmuckschildkröten im Teich im Ehrenbachtal gesichtet. Das ist kein natürliches Biotop für diese Wassertiere. Archivbild: Markus Bühler

Kreis Tübingen. Zwar haben sich die drei vermeintlichen Krokodile, die vor zwei Wochen in einem Kirchheimer Baggersee gesichtet wurden, als harmlose Hechte herausgestellt. Aber es kommt nicht selten vor, dass sich Tierhalter ihrer lästig gewordenen Mitbewohner auf unschöne Art entledigen.

So sind Mitte Juni plötzlich fünf Goldfische im Georgsbrunnen auf dem Tübinger Holzmarkt auf-, beziehungsweise untergetaucht. Die Tübinger Stadtverwaltung war nicht erfreut. „Zu unserem Leidwesen ist dies in den vergangenen Jahren mehrfach vorgekommen“, erklärte Sabine Schmincke, städtische Pressesprecherin.

Für Fische ist ein Brunnen im öffentlichen Raum kein geeignetes Biotop, wie Dr. Claudia Hoffmann-Pfretzschner vom Landratsamt Tübingen, Abteilung Veterinärwesen, erklärt: „Die Fische haben beispielsweise keinerlei Rückzugsmöglichkeiten und erleiden dadurch unnötigen Stress. Auch ist die Wasserqualität durch weggeworfenen Müll inklusive Zigarettenkippen deutlich beeinträchtigt.“ Die Fische werden in einen Teich umgesetzt.

Aktuelle Fälle von ausgesetzten exotischen Tieren gibt es im Kreis Tübingen laut Landratsamt zur Zeit nicht. Auch Martin Raff, Pressesprecher der Polizei, kann sich an keinen ungewöhnlichen Fall in letzter Zeit im Kreis Tübingen erinnern. Allerdings war bei Denkendorf Mitte Juni eine 250 Zentimeter lange Boa in einem zugebundenen Kopfkissenbezug gefunden worden. Das geschwächte und kranke Tier war zweifellos ausgesetzt worden.

Bei den exotischen Vögel, die gelegentlich gesichtet werden, sei es wohl eher so, nimmt Hoffmann-Pfretzschner an, dass sie ihren „unaufmerksamen Besitzern davongeflogen sind“. Auch bei den Wasserschildkröten, die immer mal wieder in öffentlichen Gewässern auftauchen, vermutet die Landratsamtsmitarbeiterin, „dass die Tiere aus unzureichend abgesicherten Haltungen entkommen sind.“

Bei den ausgesetzten Fischen im Georgsbrunnen allerdings haben sich die Besitzer eindeutig ihrer Tiere entledigt und damit gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Das verbietet, ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen.

„Im Hinblick auf die kommende Ferienzeit kann nur an die Vernunft und das Verantwortungsbewusstsein der Tierhalter appelliert und daran erinnert werden, dass Tiere Individuen und keine Wegwerfware sind“, betont Claudia Hoffmann-Pfretzschner. „Die Anschaffung eines Tieres muss wohl überlegt werden. Das Alter und die mögliche Größe des Tieres gehört zur Planung genauso dazu, wie die Versorgung während der Abwesenheit des Besitzers.“ Angelika Brieschke