Aus der Luft und zu Fuß (5)

Bad Sebastiansweiler

„Butzenbad“ hieß bereits im 16. Jahrhundert eine Wirtschaft mit einem Badehaus zwischen Tübingen und Hechingen. Vermutlich haben die Gäste bereits in dem schwefelhaltigen Wasser gebadet, das alle möglichen Hauterkrankungen linderte und bei Rheuma und Gicht Besserung bewirkte.

15.11.2017

Von Andrea Bachmann

Bild: Erich Sommer

Bild: Erich Sommer

1566 brach im gesamten Steinlachtal die Pest aus, das Butzenbad wurde geschlossen und geriet mitsamt der heilkräftigen Quellen in Vergessenheit.

1829 erwarb der Tübinger Medizinprofessor Hermann Friedrich Authenrieth das gesamte Areal, ließ die beiden Quellen erschließen und ausbauen und startete hier einen Kurbetrieb. Ein Kurhaus mit zwanzig Gästezimmern und zwölf „Badcabinets“ wurde gebaut. Ein russisches Bad – eine Art Sauna, in der das schwefelhaltige Wasser über heiße Steine gegossen wurde – und Vorrichtungen für Duschbäder rundeten die Angebotspalette ab.

Trinkkur mit Schwefelwasser morgens um sechs

1835 konnte Dr. Authenrieth schon 63 Kurgäste begrüßen. Die meisten kamen in den Sommermonaten und machten eine Trink- und Badekur. Die begann bereits morgens um sechs mit zwei bis vier Gläsern Schwefelwasser und einem fast einstündigen Bad noch vor dem Frühstück, das aus Kaffee und Frühstückssuppe bestand. Zeitgenossen loben die „Wohlfeilheit“ der Sebastiansweiler Kur. Man konnte für 1-2 Gulden ein Zimmer für eine Woche bekommen, das Mittagessen war für 24 Kreuzer zu haben. Für einen Gulden konnte man im Dampfbad entspannen. Es gab sogar eine kleine Stiftung, die „Unbemittelten“ den unentgeltlichen Besuch der Bäder ermöglichte.

Das Schwefelwasser der Quellen von Bad Sebastiansweiler – wie sich der Ort seit 1933 nennen darf – entstammt den unteren Schichten des Juras, einer Gesteinsformation, die 180 Millionen Jahre alt ist. Es gilt als besonders stark. Das „schwefelhaltige Natrium- Magnesium-Calcium-Hydrogencarbonat-Sulfat-Wasser“ enthält mehr gelöste Mineralien und Sulfidschwefel pro Liter als notwendig sind, um als Heilwasser zu gelten.

1924 übernahm die Basler Mission den gesamten Kurbetrieb, der im Zweiten Weltkrieg eingestellt wurde: die Klinik musste damals als Lazarett dienen. Erst 1947 wurde das Kurbad wieder eröffnet, zehn Jahre später dann eröffnete man eine Reha-Klinik.

Mittlerweile gehört die Klinik Bad Sebastiansweiler der Evangelischen Heimstiftung und verfügt über drei fachlich und räumlich getrennte Geschäftsbereiche: das Rehabilitationszentrum, das Schwefelbad und den Bereich „Wohnen und Pflege“. Mittlerweile ist ein Neubau entstanden, der in 34 Wohnungen betreutes Wohnen anbietet.

Das Schönste an dem kleinen Bad Sebastiansweiler ist jedoch der große Kurpark. Dort lässt es sich auf über fünf Kilometern flanieren, mit prachtvollen Aussichten auf die Schwäbische Alb, vorbei am liebevoll restaurierten Trinkpavillon samt Kneippbecken, Apotheker- und Kräutergarten, Barfußpfad und Minigolfanlage.

Bild: Erich Sommer

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