Aus der Luft und zu Fuß (10)

Belsen

Der wundervolle Rundblick vom Belsener Kirchle gefiel schon den Kelten, die deshalb bereits im 8. Jahrhundert hier eine kleine Kapelle bauten. Vermutlich ist sie das erste christliche Gotteshaus im ganzen Steinlachtal. Im 12. Jahrhundert kam der Ort an das Kloster Hirsau, die Kirche wurde 1160 im Codex Hirsaugensis, einer Art Inventarliste des Klosters, erwähnt und ist somit älter als der dazugehörige Ort.

20.12.2017

Von Andrea Bachmann

Bild: Erich Sommer

Bild: Erich Sommer

Die Hirsauer Mönche, die im 12. Jahrhundert ein kulturelles Zentrum von ungeheurer Strahlkraft im Schwarzwald aufgebaut hatten, stellten die neue Kirche auf die Fundamente des Vorgängerbaus und brachten so ihre unverwechselbare, strenge romanische Architektur ins Steinlachtal. Ein bisschen ist von der archaischen Stimmung noch zu spüren, auch wenn das Kirchlein in den folgenden Jahrhunderten immer wieder verändert wurde, Organist und Gemeinde auf größeren Fenstern bestanden und Emporen eingebaut wurden, um die größer werdende Zahl der Gläubigen unterzubringen.

Deshalb ist leider nichts mehr von dem „Lichtwunder“ übrig, mit dem die Hirsauer Mönche ihre Schäfchen im Steinlachtal verblüfften: Im Südosten befindet sich in der dicken Kirchenmauer ein Loch, das sich zur Mitte hin verjüngt. Pünktlich zur Tag- und Nachtgleiche im Frühjahr und Herbst fiel das Licht der aufgehenden Sonne durch diese Öffnung und zeichnete kreuzförmige Lichtreflexe auf die gegenüberliegende Wand. Die Gläubigen staunten und glaubten an ein Wunder. Wunderbar waren jedoch allenfalls die astronomischen Kenntnisse der Mönche, die auf diese Weise gern eine Probe ihres Könnens ablegten und dabei die ebenfalls wunderbare Harmonie des von Gott geschaffenen Universums feiern konnten.

Seit man das Kirchendach schräg gestellt und eine Sakristei an die Kirche gebaut hat, ist das Sonnenloch von außen nicht mehr sichtbar und das Phänomen funktioniert nicht mehr. Leider.

So schön die Kirche auch ist – von Totensonntag bis zum Frühjahr ist sie noch heute fast nicht benutzbar. Der Berg ist so steil und die Kirche so kalt, dass die Gottesdienste im Winter im Gemeindehaus stattfinden.

Die Kirche ist älter als Belsen selbst. Der Ort wurde 1342 zum ersten Mal erwähnt. Man lebte vom Ackerbau, aber die Hanglagen, der Wassermangel und schließlich die Realteilung, die die ohnehin nicht besonders ertragreichen Ackerflächen immer weiter verkleinerte, trieb die Menschen in die Armut und im 19. Jahrhundert nach Amerika: Viele wanderten in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft aus. Erst der Eisenbahnanschluss und die Industrialisierung brachten wieder einen Aufschwung. 1828 konnte man sogar ein Schulhaus bauen, bis 1794 unterrichtete der Volksschullehrer die „belsemer“ Kinder in seiner eigenen Wohnung. Das erste Schulhaus in der Brühlstraße – dem heutigen Schulgässle – wurde 1835 noch einmal erweitert, aber 1890 baute die Gemeinde schließlich die schöne, große Oberdorfschule, die heute eine Filiale der Grundschule Bästenhardt ist.

Bild: Erich Sommer

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Erstellt:
20.12.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 20.12.2017, 01:00 Uhr

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