Steinhaus mit Turm

Besondere Bauten in der Region: Bühler Schloss

24.07.2019

Schloss Bühl – im Vordergrund die Ausstellung des Bildhauers Ralf Ehmann, die bis 21. September läuft. Bilder: Erich Sommer

Schloss Bühl – im Vordergrund die Ausstellung des Bildhauers Ralf Ehmann, die bis 21. September läuft. Bilder: Erich Sommer

Diese Burg, die Mauern, den Garten und die Scheuern erbaute David, der vom alten Stein den Namen hat“, steht in lateinischer Sprache auf dem Wappenstein, der den achteckigen Treppenturm des Bühler Schlosses ziert. Um 1555 hatte dieser David von Stein sein „schlecht maier oder pura haus“ zu einem beeindruckenden dreigeschossigen Steinhaus mit einem hohen Satteldach, zwei runden Wehrtürmen und eben diesem bemerkenswerten Treppenturm umgebaut.

Er war ein jüngerer Sohn von Anna von Stein, die 1542 frisch verwitwet mit ihren sieben Kindern nach Bühl gezogen war und dort ein größeres Hofgut bewirtschaftete. Ihr 1525 geborener Sohn David erbte die stattliche Summe von 16 776 Gulden. Nachdem er 1542 im Türkenkrieg gekämpft, 1544 hinter der Fahne Kaiser Karl V. in Frankreich in die Schlacht gezogen war und schließlich auf der Seite des protestantischen Schmalkaldischen Bundes 1546 am Schmalkaldischen Krieg teilgenommen hatte, übernahm er die Bühler Herrschaft, führte in seinem Teil des Ortes die Reformation ein (die andere Hälfte von Bühl, die zur Herrschaft von Georg von Ehingen aus Kilchberg gehörte, blieb altgläubig, der Bühler Talbach diente als Konfessionsgrenze) und baute sich sein „frei eigen Schloss“, dessen Renaissanceformen noch heute beeindrucken.

Als David von Stein 1565 starb, hinterließ er seine Frau Anna von Weiher und zwei noch unmündige Söhne. Die studierten beide in Tübingen und lernten dort den Altphilologen und Historiker Martin Crusius kennen, der ein umfangreiches Tagebuch überliefert hat, in dem er von einem Besuch in Bühl 1589 berichtet. Crusius lobt die hervorragende Steinmetzarbeit, in der die Wendeltreppe im Treppenhausturm ausgeführt ist, bemerkt „verschiedene Gemälde und gottselige, züchtige deutsche Reime“ und zählt acht Stuben, eine Küche und eine Backstube.

Heinrich und Leopold Carl von Stein, die beiden Söhne Davids, haben vermutlich die ungewöhnlichen steinernen, an Löwenköpfe erinnernden Fratzen anfertigen lassen, die an der Nordseite zu sehen sind und sich ursprünglich vermutlich an einem Torhaus befanden. Sie wurden später zum Vorbild für die „Drotzer“ der Bühler Fasnet.

1628 wurde das Schloss an Österreich verkauft, das allerdings mit der Zahlung der 51 000 Gulden hohen Kaufsumme so lange auf sich warten ließ, dass die von Steins schließlich wegen der Rückzahlungen einen Prozess anstrengen mussten. Nach Ende des 30-jährigen Kriegs standen immer noch 24 000 Gulden aus, von denen sich die protestantischen Steins, die auf schwedischer Seite gekämpft hatten, nun für immer verabschieden durften.

Nach Kriegsende erwarb der Orden der Jesuiten das Bühler Schloss, der dort eine Bierbrauerei einrichtete, die bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts Bestand hatte. Noch heute befindet sich unter dem Schlossgarten, in dem zur Zeit Skulpturen des Rottenburger Bildhauers Ralf Ehmann zu bewundern sind, ein Keller mit Kühlzelle. Das Eis dazu stammte aus einem eigens dafür angelegten Eisweiher im Bühler Tal, von dort legten die Jesuiten auch eine Wasserleitung bis in den Ort hinein.

1773 wurde der Jesuitenorden aufgehoben, das Schloss gehörte von dort an unterschiedlichen Besitzern, von denen einer allsonntäglich eine Tanzveranstaltung organisierte. Das Bühler Schloss wurde vor allem im 19. Jahrhundert zu einem beliebten Ausflugsziel, bis 1924 der Brauereibetrieb eingestellt und durch ein Sägewerk ersetzt wurde.

1980 kauften zwei Tübinger Rechtsanwälte das Schloss und begannen es von Grund auf zu renovieren. Mittlerweile gehört es einer Eigentümergemeinschaft, die alljährlich im Juli gemeinsam mit dem SCHWÄBISCHEN TAGBLATT zur Gute-Nacht-Geschichte in den zauberhaften Schlossgarten einlädt. Andrea Bachmann

Gutenachtgeschichte

Der Bühler Schlossgarten ist einer der schönsten Plätze für die Gutenachtgeschichten des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTs.

Am Freitag, 26. Juli, 19 Uhr ist dort der Lesesessel aufgebaut, als musikalische Umrahmung ist das Trio Dreiklang dabei und die Bewirtung übernehmen die Bewohner/innen des Schlosses, die auch Mitveranstalter sind.

Das ist eine der beiden Renaissance-Fratzen an der Nordseite des Schlosses, Vorbilder für die Bühler Fasnetsfiguren „Drotzer“.

Das ist eine der beiden Renaissance-Fratzen an der Nordseite des Schlosses, Vorbilder für die Bühler Fasnetsfiguren „Drotzer“.