Ansprechend restauriert

Besondere Bauten in der Region: das Poltringer Wasserschloss

Mit all seinen Nebengebäuden wie dem ehemaligen Amtshaus, der Scheuer und der Mühle, die übrigens eine sehr beliebte Adresse für Hochzeitsfeiern ist, sieht das Poltringer Wasserschloss nicht nur beeindruckend aus. Es ist auch eines der wichtigsten Kunstdenkmäler im Ammertal.

21.08.2019

Im Poltringer Wasserschloss sind private Wohnungen untergebracht. Bilder: Erich Sommer

Im Poltringer Wasserschloss sind private Wohnungen untergebracht. Bilder: Erich Sommer

Poltringen. An gleicher Stelle gab es schon um das Jahr 1000 eine auf Pfählen gebaute Burg, die 1283 zerstört und anschließend wieder aufgebaut wurde. Von einem Schloss spricht man erstmals 1481.

Dieses Schloss war nicht das einzige in Poltringen. Von 1603 bis etwa 1790 besaß die kleine Gemeinde sogar zwei Schlösser: Das eine liegt außerhalb des alten Ortes an der in westlicher Richtung nach Reusten führenden Straße am Ufer der Ammer. Das zweite Wasserschloss lag auf der Anhöhe oberhalb des Gasthofes „Adler“. Das nannte man Unterschloss, Schloss Oberpoltringen oder evangelisches Bergschloss. Dieses Schloss ist nur noch auf einer Zeichnung im „Forstlagerbuch“ von Andreas Kieser aus dem Jahr 1683 und auf zwei Karten aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu sehen, von denen eine zufällig im Staatsarchiv Sigmaringen gefunden wurde.

Das Talschloss wurde 1613 von Heinrich Schickhardt im Auftrag von Christoph Franz Baron von Wolkenstein zu einem eleganten Renaissance-Wasserschloss umgebaut. Er setzte auf den Steinsockel der alten Anlage zwei neue Vollgeschosse und baute eine nahezu quadratische Vierflügelanlage mit vier quadratischen Ecktürmen und einem Innenhof. Die Türmchen werden von hübschen Zeltdächern geschmückt. Um das Schloss herum verläuft ein etwa sieben Meter breiter Wassergraben.

Über dem Türsturz des Hauptportals befinden sich die Wappen der Herren zu Wolkenstein und zu Eberstein. Außerdem finden sich am Balkon die Initialen der Freiherren von Ulm. Die waren seit 1722 die Dorfherren und besaßen zwei Drittel von Poltringen als Lehen. 1806 bekamen sie auch das Wasserschloss als Lehen, das sie 1838 kauften, aber schon 1890 an die Gemeinde Poltringen veräußerten.

Die Ähnlichkeit mit der Gestaltung des unteren Schlossportals in Tübingen, das ebenfalls von Heinrich Schickhardt entworfen wurde, ist unverkennbar. Es ist übrigens das einzige herrschaftliche Gebäude, das der Lieblingsbaumeister von Herzog Friedrich I. geschaffen hat, das noch fast genauso aussieht wie zu seiner Entstehungszeit. Die Schlösser in Deufringen, Hochberg bei Remseck oder Hellenstein hingegen erfuhren teilweise massive Umbauten.

Nachdem 1890 die Gemeinde das Schloss übernommen hatte, richtete sie dort nach diversen Umbauten die Volksschule, eine Schwesternstation mit Kindergarten und Handarbeitsraum sowie eine öffentliche Gemeindewaschküche ein. 1930 brannte die Schlossscheuer ab, den Brandschutt kippte man kurzerhand in den Schlossgraben,

1945 brachte die Gemeinde obdachlose Flüchtlingsfamilien im Schloss unter – vermutlich ein Zeichen dafür, dass sonst niemand mehr in dem heruntergekommenen Gemäuer wohnen wollte. 1960 zerstörte eine Gasexplosion den südwestlichen Eckturm. Danach wollte die Gemeinde das repräsentative, aber sanierungsbedürftige Gebäude nur noch loswerden und fand tatsächlich einen Investor, der Lust hatte, Renaissanceschlossherr zu werden. Er restaurierte das Schloss auf das Schönste und ließ Eigentumswohnungen einbauen. Deshalb ist es heute leider nur von außen zu besichtigen. Andrea Bachmann

Das Poltringer Wasserschloss trägt die Handschrift von Heinrich Schickhardt.

Das Poltringer Wasserschloss trägt die Handschrift von Heinrich Schickhardt.

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Erstellt:
21.08.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 21.08.2019, 01:00 Uhr

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