Digitaler Kontakt mit den Ausbildern

Christiane Nowottny hat eine Online-Plattform für Jugendliche und Betriebe eingerichtet

Die Corona-Pandemie erschwert auch den Kontakt zwischen Ausbildungsbetrieben und Jugendlichen, die sich bewerben oder einfach nur über ihre berufliche Zukunft informieren möchten. Christiane Nowottny, Geschäftsbereichsleiterin Berufsausbildung, Prüfungs- und Sachverständigenwesen der Handwerkskammer Reutlingen, hat mit dem Online-Speed-Dating eine Lösung gefunden.

07.10.2020

Christiane Nowottny reagiert mit einem Online-Angebot auf die Corona-Pandemie. Bild: Gabriele Böhm

Christiane Nowottny reagiert mit einem Online-Angebot auf die Corona-Pandemie. Bild: Gabriele Böhm

TAGBLATT ANZEIGER: Was hat sich durch die Pandemie im Ausbildungsbereich verändert?

Christiane Nowottny: Ein normaler Veranstaltungsbetrieb ist durch Corona praktisch unmöglich geworden. Bildungsmessen oder Infotage an Schulen fanden in diesem Jahr nicht statt. Dabei waren noch vor Beginn des Ausbildungsjahres 724 Ausbildungsplätze frei, das Doppelte der Jahre 2018 und 2019. Auch für 2021 sind bereits 688 Lehrstellen gemeldet.

Welche Berufe sind
besonders begehrt?

Ganz vorne mit dabei sind Kfz-Mechatroniker, Elektroniker und Anlagen-Mechaniker für Sanitär, Heizung, Klima bei den Jungen. Bei den Mädchen sind es vor allem die Berufe der Friseurin, Augenoptikerin, Konditorin; aber auch technische Berufe werden von immer mehr Mädchen erlernt. Die Jugendlichen möchten Auswahl haben. Dabei ist es den Betrieben hoch anzurechnen, dass die Ausbildungsbereitschaft weiterhin hoch gehalten wird.

Wie wäre der Kontakt ohne Corona zustande gekommen?

Normalerweise hätten wir die Jugendlichen und die Ausbildungsbetriebe eingeladen. Als Neuheit war erstmals ein persönliches Kennenlernen per Speed-Dating vorgesehen gewesen, denn es ist nachgewiesen, dass man nur wenige Minuten braucht, um festzustellen, ob man zueinander passt.

Und nun wurde es ins Internet verlagert?

Ja, das Speed-Dating läuft jetzt über ein Online-Portal, das laufend aktualisiert wird. Nachdem junge Leute sich kostenlos und anonym eingeloggt haben, können sie über einen integrierten Kalender mit einem oder mehreren Ausbildern einen Termin für ein Gespräch ausmachen. Interessenten entscheiden, ob der Erstkontakt telefonisch oder per Video stattfindet.

Wie war bis jetzt die Resonanz?

Als ich auf die Idee kam, diese Möglichkeit nach Reutlingen zu holen, waren wir gespannt, denn die Software wurde für große Unternehmen entwickelt. Doch es klappte auch bei der Handwerkskammer Reutlingen. Die Resonanz ist sehr gut. Bisher nehmen in unserem Kammerbezirk 94 Betriebe mit 183 Ausbildungsangeboten teil.

Gibt es eine Kontrolle?

Unsere Mitgliedsbetriebe können sich kostenlos anmelden. Wir überprüfen die Angebote und schalten sie dann frei. Junge Leute können mitmachen, ohne Kontaktdaten zu hinterlassen. Wir erfassen lediglich die Anzahl der Kontakte.

Wo liegen die Vorteile des neuen Verfahrens?

Dieses Angebot ist bewusst auf die Lebenswelt junger Leute mit Handy, Smartphone, Video-Chat oder Telefon zugeschnitten und bewusst niederschwellig. Die Kontaktaufnahme geschieht auf Abstand und zeitsparend und vermeidet auch die Atmosphäre eines Bewerbungsgesprächs. Darüber hinaus spart man Zeit und den Aufbau eines Messestands.

Wie ist bisher die Resonanz bei den Jugendlichen?

Sie begrüßen, dass sie die Angebote nach den Kriterien Unternehmen, Ausbildungsberuf und Ort filtern können. Wegen der Kurzfristigkeit hätte ich eher mit weniger Resonanz gerechnet und bin mehr als positiv überrascht. Trotzdem versuchen wir, über die sozialen Medien der Handwerkskammer noch mehr junge Leute zu erreichen. Bisher haben wir über Wirtschaftsförderer, Arbeitsagenturen, Jugendeinrichtungen, Schulen, Radiospots und auch Gemeindeblätter geworben.

Möchten Sie die Online-Plattform auch weiterhin einsetzen?

Auf jeden Fall. Sie läuft jetzt noch bis Ende Oktober. Wir sammeln Erfahrungen und wollen im nächsten Jahr damit weitermachen. Wir möchten auch versuchen, den Spirit der persönlichen Kontaktaufnahme ins Internet zu übertragen.

Fragen von Gabriele Böhm

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