Schnackeln muss es!

Cordula Hermenau gibt Jodelunterricht

Der TAGBLATT ANZEIGER traf die Mössinger Jodellehrerin Cordula Hermenau und ihre Schülerin Ronja Binder zum Gespräch.

19.09.2018

Cordula Hermenau gibt Jodelunterricht

Seit 16 Jahren lebt Cordula Hermenau in Baden-Württemberg. Zuvor, im Odenwald, war sie an traditionellen Bräuchen nicht im mindesten interessiert. Das hat sich grundlegend geändert. Obgleich sie ihren eigenen Jodel-Stil hat, greift sie auf alt tradiertes Liedgut zurück, wenn sie nicht selbst komponiert.

Was ist eigentlich Jodeln?

Cordula Hermenau: Jodeln unterscheidet sich vom Singen dadurch, dass der Schnackler drin ist. Dieses Ho-uh. Im normalen Gesang werden die Töne von unten nach oben gezogen, während der Kehlkopf beim Jodeln das selber macht, von tief nach hoch. Ein weiterer Unterschied besteht in der Lautstärke. Man kann nicht leise jodeln. Zuletzt haben wir keine Wörter und Sätze auswendig zu lernen, da reines Jodeln aus Silben besteht.

Was gibt einem das Jodeln?

Hermenau: Es macht total gute Laune. Tuat einfach guat.

Ronja Binder: Es ist unglaublich befreiend. Gerade für uns Frauen ist es gut, laut sein zu dürfen. Für mich ist es ein Singen aus der Urkraft, dem Becken heraus. Ein ganzheitliches Erlebnis. Schön ist auch, dass man es meist gemeinsam mit Gleichgesinnten macht.

Wie kommst Du zu neuen Stücken?

Hermenau: Ich war zum Beispiel auf dem OU-Jodelfest, das dieses Jahr in Österreich stattfand. Dort gab es Workshops und abends saßen wir in großer Runde im Wirtshaus zusammen. Da übt man das Bekannte und lernt auch Neues. Andererseits habe ich auch Bücher mit Jodel-Noten. „444 Jodler und Juchezer“ von Joseph Pommer ist das bekannteste.

Also hast du nicht einen bestimmten Lehrer?

Neben der Selbstrecherche habe ich wechselnde Lehrer. Momentan lerne ich von Markus Prieth, der mir noch viel beibringen kann.

Ich komme eigentlich von der Rockmusik. Seit sich meine Band „Waldach Valley Freaks“, bei der ich gesungen habe, aufgelöst hat, gebe ich hauptsächlich Jodel-Kurse.

Wen unterrichtest du?

Jeden, der Jodeln lernen möchte. Auch Kinder, die sind so herrlich unbefangen. Ältere Menschen denken bei Jodeln sofort an zwei Frauen im Glitzerdirndl, die ganz schnell „holleri-hollero“ machen. Das ist aber nicht meine Art. Mir gefallen vor allem die langsamen, mehrstimmigen, urigen Stücke.

Woher stammt denn dieses stereotype Bild?

Binder: Aus Schlager-Kitsch-Fernsehserien. In Zelten mit rosa Kostümen.

Hermenau (lacht): Damit haben wir wirklich wenig am Hut.

Kann jeder Jodeln lernen?

In meiner vierjährigen Laufbahn als Jodellehrerin hatte ich zwei oder drei Leute dabei, die den Ton, den ich vorgegeben habe, nicht singen konnten. Für Gesangserfahrene besteht anfangs die Schwierigkeit, dass sie eben singen und nicht jodeln.

Binder: Das kann ich bestätigen. Für mich war das Kippen auch eine Herausforderung.

Gibt es Jodeln nur im Deutschsprachigen?

Binder: Auf der ganzen Welt wird gejodelt!

Hermenau: Diese Technik des Gesangs. Das heißt dann natürlich nicht jodeln. Den Stimmenüberschlag gibt es beispielsweise auch in Afrika, in Skandinavien, sogar in der gregorianischen Musik finden sich typische Elemente wieder.

Jodeln war ja zunächst eine Form der Kommunikation.

Genau. Ursprünglich war einer mit seiner Schafherde auf dem Berg und wollte zum Beispiel dem Kollegen mit seiner Kuhherde in der Ferne darüber informieren, dass er Hilfe braucht, dann gab es dafür einen bestimmten Ruf. Im Winter hat man sich dann getroffen und mehrstimmige Stücke daraus gemacht. – Gewissermaßen handelt es sich um einen Automatismus. Wenn man oben auf einem Berg steht, fordert man ganz natürlich das Echo heraus. Deshalb sind viele Jodler so lang gezogen, weil sie mit dem Echo arbeiten.

Hat Jodeln gar einen gesundheitlichen Aspekt?

Es bringt einen ins Jetzt und wirkt auf jeden Fall antidepressiv.

Interview: Philipp Schmidt

Hermenau gibt VHS- und Privatkurse, ein regelmäßiger Kurs ist jeden zweiten Donnerstag in Öschingen. Der neue Kurs beginnt am 20. September.

Homepage: www.jodelxang.de