Gelebte Jazz-Emotionen

Das Cécile Verny Quartet stellt im Sudhaus ihr neues Album vor

Sie ist eine Virtuosin des körperbetonten und vokalen Jazz: Zudem vereinigt die Sängerin Cécile Verny in ihrer Person ganz unterschiedliche kulturelle Einflüsse und steht für länderübergreifende Verständigung. Am Donnerstag, 5. März, kommt sie mit ihrem Quartett ins Sudhaus.

19.02.2020

Cécile Verny ist ihrer Herkunft treu und singt in ihren beiden Muttersprachen. Bild: Jürgen Spieß

Cécile Verny ist ihrer Herkunft treu und singt in ihren beiden Muttersprachen. Bild: Jürgen Spieß

Vergesst eure Seele nicht, sagt sie. Und: Es gibt Momente, in denen man die Verbindung zu sich selbst verliert. Und: Wie kann es sein, dass in einem so reichen Land Leute nichts zu essen haben? Keine Frage, Cécile Verny hat eine Botschaft. Und nicht nur eine.

In ihren Konzerten erzählt die Sängerin von Problemen, mit denen sich Frauen über 40 herumschlagen müssen oder sie wendet sich dagegen, Menschen aus anderen Kulturen, mit anderer Lebensweise oder anderem Aussehen rassistisch auszugrenzen. Aber auch von ihren eigenen persönlichen Erfahrungen mit Trauer, Schmerz und Verlust erzählt sie. Welche Botschaften ihre Songs bieten, kann man allerdings nur wissen, wenn man Französisch und Englisch versteht. Denn die in der Elfenbeinküste aufgewachsene Tochter eines Togolesen und einer Französin, die seit mehr als 30 Jahren in Freiburg lebt, bleibt ihrer Herkunft treu und bevorzugt auch auf ihrem aktuellen Album „Of moons and dreams“ ihre beiden Muttersprachen: ein afrikanisch gefärbtes Englisch und Französisch.

Ansonsten ist ihre Botschaft die Musik selbst. Gerne singt sie Balladen wie „I Heard An Angel Singing“ und „The Garden Of Love“, beide vertonte Gedichte ihres Lieblingspoeten William Blake. Dazu kommen „There’s No Way Back“ mit einem Text der schwedischen Dichterin Åsa Ericsdotter und „Mon Avenir S’est Envolé“, das auf Bachs Goldberg Variation Nr. 15 beruht. Auf der anderen Seite mag sie es schnell und rasant. Die kühle Distanz, mit der etwa Diana Krall sich erfolgreich inszeniert, ist ihre Sache nicht. Cécile Verny ist eine Performerin, eine, die die ganze Bühne braucht, deren Breite und Tiefe ausnützt. Eine, die versonnen am Bühnenrand tanzt, ausgelassen lacht und gerne Geschichten erzählt.

Mit großen Augen und sanfter Stimme das Herz zu betören, das überlässt sie anderen. Ihr Kapital ist die Vielseitigkeit und die Lust, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Dass dabei auch mal Zwischentöne abhanden kommen, ist nebensächlich. Cécile Verny gleicht das mit ihrer Musizierfreude und ihrem Körpereinsatz aus. Sie ist ein Bühnentier, das die afrikanischen Rhythmen und französischen Chansons visualisiert, sie tanzt und verkörpert und, wenn nötig, mit jazziger Phrasierung garniert. „Krakatoa Moon“, „Kissing The Moon“ oder „New Moon“ sind – nicht nur wegen des bereits durch den Albumtitel angekündigten Hauptthemas „Mond“ – Paradebeispiele dafür, dass ein Song erst dann rund und schlüssig ist, wenn Text und Musik sich in ihm zu einem großen Ganzen vereinen.

Dazu kommen Ausflüge in die Welt des schwarzen Kontinents, die aber nie die Substanz der Stücke gefährden. Im Gegenteil, der Respekt, den Verny ihnen gegenüber empfindet, ist jederzeit spürbar. Ihre dreiköpfige Begleitband schafft mit Andreas Erchinger (Piano/Keyboard), Bernd Heitzler (Bass) und dem aus Tübingen stammenden Schlagzeuger und Perkussionisten Lars Binder einen vollen, antreibenden Klangteppich und unterstützt die Jazzvokalistin nach Kräften. Über alles erhebt sich aber die ausladend-beschwörende Stimme Cécile Vernys – mal knapp phrasierend, mal poetisch, dann wieder alles gebend, tief ausholend und den Ton mit aller Energie bis zum letzten auskostend.

So gut kann Pop sein, wenn er von Jazzmusikern gespielt wird – mal soulgetränkt, mal swingend, mal ein bisschen bluesig. Cécile Verny ist eine Virtuosin des vokalen Theaters. Man hört nicht nur ihre Freude, ihre Lust und ihre Liebe an der Musik, man kann sie immer auch sehen. Jürgen Spieß

Das Cécile Verny Quartet kommt am 5. März, 20 Uhr, ins Tübinger Sudhaus, Hechinger Straße 203.

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Erstellt:
19.02.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.02.2020, 01:00 Uhr

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