Schimmel im Haus

Das Ehepaar Mayer setzt auf die Supernasen ihrer Labradore

Der Wunsch, zusammen mit den Hunden etwas Sinnvolles zu tun, hatte vor einigen Jahren den Startschuss gegeben. Katharina und Sebastian Mayer aus Hechingen ließen ihre beiden Labradore Josy, heute 9, und Emily (5) zu Schimmel-Spürhunden ausbilden.

02.06.2021

Sebastian Mayer und Labrador Emily bei der Schimmelsuche im Museum. Bild: Privat

Sebastian Mayer und Labrador Emily bei der Schimmelsuche im Museum. Bild: Privat

Nach der Firmengründung im Jahr 2016 nahmen die Aufträge immer mehr zu. Heute reicht das Einzugsgebiet der „Schimmelsuche Katharina Mayer“ von Tübingen, Reutlingen und dem Zollernalbkreis bis nach Stuttgart, Ludwigsburg und hinunter zum Bodensee. Zu den Kunden zählen nicht nur Privatleute, sondern auch Schulen, Kindergärten und Museen.

Dabei handelt es sich für das Ehepaar nur um einen Nebenerwerb, doch der Bedarf ist groß. Katharina Mayer arbeitet als Übersetzerin, ihr Mann ist Immobilienmakler und Sachverständiger für Immobilienbewertung. „Mir ist aufgefallen, dass viele sich in Haus und Wohnung nicht wohlfühlen“, berichtet er. Tränende Augen und heftige Hustenattacken bis hin zu ernsthaften Asthmaanfällen kämen vor, ohne dass ein ersichtlicher Grund vorlag. Oft ist Schimmel der Auslöser. „Manchmal verbirgt sich der Schimmel hinter Möbeln oder Verkleidungen und man sieht und riecht ihn einfach nicht“, sagt Sebastian Mayer. Doch die Hunde ließen sich mit ihren feinen Nasen nicht täuschen.

Das Ehepaar kommt mit beiden Hunden ins Haus, sozusagen als Gegenkontrolle, wenn ein Verdacht auf Schimmelbefall vorliegt und die Bewohner dies überprüfen lassen möchten. „Manchmal gehen Konfusionen voraus“, weiß Katharina Mayer. Denn nicht jeder reagiere empfindlich auf Schimmel. „Da bekommt der eine fast keine Luft mehr und der andere merkt nichts.“ Viel einfacher sei es, so etwas abklären zu lassen. Vor allem während der Corona-Pandemie hätten die Beschwerden zugenommen, weil die Leute mehr zuhause arbeiten würden.

In einem Stuttgarter Museum war es das Wachpersonal, das immer mal wieder einen seltsamen Geruch wahrnahm. Der nicht zu orten war. Die Hundenasen entdeckten dieses Mal keinen Schimmelbefall, jedoch Sporen, die sich in größerer Konzentration an der Lüftungsanlage abgesetzt hatten. In einer Schule kam der Geruch nicht vom Gebäude selbst, sondern von alten Möbeln und Aktenordnern. Statt einer aufwendigen Gebäudesanierung mussten sie nur ganz einfach entsorgt werden.

Während Josy sich dorthin legt, wo sie den Schimmel gewittert hat, zeigt Emily mit der Pfote darauf. Habe ein Kunde die Reaktion des ersten Hundes gesehen, sei der zweite noch einmal eine Bestätigung. Für die Hunde, sagen die Besitzer, bedeute die Suche einfach Spaß an der Arbeit. „Der Labrador möchte von Natur aus Aufgaben erfüllen und dafür gelobt werden, wenn er alles richtig gemacht hat“, erklärt Katharina Mayer.

Auch bei Neubauten wird das Team aus Zwei- und Vierbeinern zu Rate gezogen. „Probleme mit feuchten Wänden und Schimmelbefall gibt es auch hier. Beispielsweise können Leitungen fehlerhaft eingebaut worden sein“, sagt Sebastian Mayer. Luftmessungen könnten dann zwar feststellen, dass etwas nicht stimmt, aber nicht den genauen Ort angeben. Das aber könnten die Hunde. „Das erspart dann, dass viel aufgestemmt werden muss.“

Ein anderes Mal befürchteten die Hausbesitzer, die Wände aufreißen zu müssen, nachdem das Kleinkind der Familie so krank geworden war, dass es bereits Entwicklungsstörungen hatte. „Das Haus hatte einen Wasserschaden, der aber saniert worden war. Jetzt stand im Raum, dass das nichts geholfen hatte.“, berichtet Katharina Mayer. Durch die Hunde gab es Entwarnung. Denn nicht die Wände waren schuld, sondern alte, sporenverseuchte Stofftiere. „Es reichte aus, sie einfach gründlich durchzuwaschen.“

Manche Schimmelallergiker hätten eine wahre Odyssee von einem Arzt zum anderen hinter sich, ohne dass die Ursache der Beschwerden gefunden werde. „Allzu schnell wird dann gesagt, es handle sich um eine Überempfindlichkeit, obwohl die Betroffenen tatsächlich sehr leiden“, sagt Sebastian Mayer. Gehe es ihnen besser, nachdem sie Haus oder Wohnung längere Zeit nicht betreten hätten, werde die Recherche in die richtige Spur gelenkt. „Oft wird dann bedauert, dass man die Hunde nicht schon viel früher angefordert hat.“

Vom Befund erstellt das Ehepaar Mayer ein Protokoll mit Fotos, für die auch eine Wärmebildkamera eingesetzt wird, um Kältebrücken aufzuspüren. Bei Bedarf wird auch eine Probe des Schimmels genommen und eingeschickt.

„Aktuell möchten wir über den VIS [Verband internationaler Schimmel-Spürhunde] für unsere Arbeit eine DIN-Zertifizierung beantragen“, so Katharina Mayer. In der vorhandenen DIN tauchten die Hunde leider bisher nur in einem Nebensatz auf. „Durch die Zertifizierung kann man unter anderem vielleicht erreichen, dass die Kosten für die Schimmelsuche von der Krankenkasse übernommen werden“, hofft sie. Gabriele Böhm

Zum Artikel

Erstellt:
02.06.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 08sec
zuletzt aktualisiert: 02.06.2021, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen