Kilometer für den guten Zweck

Das Rottenburger St. Meinrad Gymnasium unterstützt Schule und Kinder in Nepal

So ganz wollten die Verantwortlichen vom Rottenburger St. Meinrad Gymnasium (SMG) auf ihre Tradition nicht verzichten – und so muss 2021 der Spendenlauf virtuell stattfinden. Damit bleibt eine gute Tradition erhalten.

02.06.2021

Zahlreiche Füße, die für den guten Zweck laufen: Spendenläufe haben am Rottenburger St. Meinrad Gymnasium Tradition. Bild: St. Meinrad Gymnasium

Zahlreiche Füße, die für den guten Zweck laufen: Spendenläufe haben am Rottenburger St. Meinrad Gymnasium Tradition. Bild: St. Meinrad Gymnasium

Rottenburg. Seit 2006/07 laufen die Schüler/innen des Gymnasiums für den guten Zweck. Es sind immer die Klassen 5 bis 7, die deshalb über das Schuljahr verteilt die Laufschuhe anziehen. Für jeden gelaufenen Kilometer suchen die Schülerinnen und Schüler Paten, die sie mit einem bestimmten Betrag sponsern.

Was eingenommen wird, geht seit jeher an ein Projekt in Nepal. Warum gerade Nepal? Das kann der Sportlehrer am SMG, Christoph Deschler, am besten beantworten – führt die Idee doch auf ihn zurück. Denn er war in Nepal auf Reisen, lernte Land und Leute kennen und sah die Not dort. „Da war für mich gleich klar, dass man da was unternehmen muss“, sagt er. Im Kollegium, bei Schülern und Eltern fand er gleich Unterstützung, und so gab es den Spendenlauf erstmals 2006. Wichtig sei für sie auch gewesen, in Kontakt mit dem Kirchentellinsfurter Verein „Förderkreis Patenschulen“ gekommen zu sein. Denn mit dessen reicher Erfahrung und Kontakten vor Ort war gewährleistet, dass die Spenden ohne Umwege zu den richtigen Empfängern kommen.

Sport und guter Zweck

„Wir schlagen durch so eine Aktion zwei Fliegen mit einer Klappe“, berichtet der Sportlehrer, „denn erstens sind die Schüler das ganze Schuljahr immer wieder sportlich unterwegs, und andererseits kommt das auch noch einem guten Zweck zugute.“ Er legt aber Wert darauf, dass das Mitmachen auf Freiwilligkeit beruht und dass es dafür keine Noten gibt. Hilfreich ist dabei, dass jeder Lauf bislang an ein konkretes Projekt gekoppelt, war, dass quasi menschliche Gesichter dahinter standen.

Langer Weg zu Schulen

Beim ersten Mal zum Beispiel kam der erlaufene Betrag drei Patenkindern zugute, die bis zum Schulabschluss gefördert wurden. Dazu muss man wissen, dass die Schulen in Nepal in der Regel in den weit entfernten Dörfern angesiedelt sind. Will ein Kind über die Grundschule hinaus Bildung erlangen, muss es in die Städte ziehen. Das bedeutet, dass die Kinder ihre Familien verlassen müssen. „Ein Marsch von Kathmandu zum Beispiel in ein Dorf, in dem eines unserer Patenkinder aufgewachsen ist, dauert schon mal drei Tage“, erzählt Deschler.

Mehrere Patenkinder

Die Spendengelder des zweiten Laufs gingen an die Einrichtung eines neuen Schulgebäudes. Das hatten die Schüler/innen des St. Meinrad so entschieden. Mit dem 3. Lauf konnten sie ihrem Patenkind Kunga den Besuch an der Kailash-Bodhi-School ermöglichen. Im Moment haben sie ein weiteres Patenkind namens Depisa, das sie mit den Spendengeldern des letzten Laufs unterstützen können.

Immerhin: Ursprünglich dachte man, dass 2006/07 eine einmalige Aktion bleiben würde. Und mittlerweile wurden über die Jahre bereits um die 20 000 Euro in das Projekt gesteckt, wie Deschler vorrechnet. Auch Spenden aus anderen Aktionen am SMG flossen in das Nepal-Projekt.

Gründung in Indien

Die Kailash-Bodhi-School wurde ursprünglich in Indien gegründet, vom buddhistischen Mönch Lama Göndup. Das war 1988. Wegen fehlender Genehmigungen zog sie nach Nepal um, nur dort durften die Schüler einen Highschool-Abschluss machen. Das war 1993. In der Ganztagesschule in Bodnath (bei Kathmandu) erhalten Schülerinnen und Schüler täglich drei einfache Mahlzeiten, was für die Ärmsten unter ihnen bedeutet, wenigstens an Schultagen satt zu werden. Es ist eine Privatschule, die auch die Kinder wohlhabender Nepalesen besuchen. Das besondere ist aber, dass sie bewusst auch viele Schüler aus ärmsten Schichten aufnimmt, nicht zuletzt aus den die Schule umgebenden Slums.

Kontakt nach

Kirchentellinsfurt

Den Kontakt zur Schule stellte Bärbel Reinschmidt, Lehrerin aus Kirchentellinsfurt, damals her, als sie die Patenschaft für ein Kind übernahm. 1996 wurde der Verein „Patendörfer“ in Kirchentellinsfurt gegründet, inzwischen hat er 119 Mitglieder. Es gab sogar insofern einen Austausch, dass ein Patenkind von Vereinsmitglied Barbara Krahl bei ihr zu Besuch war. Es wurde bis zum Ende des Studiums vom Verein begleitet. Dank des Medizinstudiums konnte das ehemalige Patenkind danach das eigene Dorf ärztlich unterstützen – keine Selbstverständlichkeit in dem Land.

Als Carmen Renz vom Elternbeirat erfuhr, dass es 2021 vermutlich keinen Spendenlauf am SMG geben würde, traf sie sich mit Deschler. „Er war so sehr mit Herz und Seele bei dem Projekt“, erzählt sie, „dass ich es nicht übers Herz bringen konnte, das Projekt abzusagen.“ Sie schloss sich mit den KollegInnen des Elternbeirats kurz. „In dem Bereich war die Zustimmung immer groß“, sagt dazu Marcus Sprenger, der Elternbeiratsvorsitzende. Die Frage war nur: Wie kann man so eine Aktion in Zeiten der Pandemie starten und durchführen? Die Lösung war, die SchülerInnen virtuell auf die Pisten zu schicken. Die Idee kam an, die „ganze Lehrerschaft hat sich engagiert, wie ich es sonst noch nie erlebt habe“, so Renz.

Die Idee: Virtuell laufen

So begannen sie den Sponsorenlauf 2021 unter dem Motto „Bildung bewegt“ zu organisieren. Dieses Mal sollte der Lauf nicht über ein Schuljahr erfolgen, das hatte Corona schon unmöglich gemacht. Also definierten sie einen bestimmten Zeitraum, in dem die Kilometer zusammengetragen werden konnten: Ab dem 9. Juni wird vier Wochen lang gelaufen, gegangen, gejoggt, gewandert. Neu ist dieses Mal aber, dass alle Arten der Fortbewegung zählen und damit Kilometer aufgebaut werden können: Ob man mit Inlinern fährt, schwimmt oder mit dem Rad fährt – gezählt wird alles. Dafür gibt es eine spezielle App, wie Deschler berichtet, die beispielsweise Radkilometer in gelaufene Meter nach einem bestimmten System umrechnet. Die Fortschritte werden auf der SMG-Homepage visualisiert und sind somit jederzeit abrufbar.

Von Rottenburg bis Nepal

Gelaufen werden sollen insgesamt 7400 Kilometer – das entspricht ungefähr der Entfernung Rottenburg nach Kathmandu. Für jeden gelaufenen Kilometer werden 25 Cent kassiert, die Schüler suchen dafür Sponsoren. Mitmachen können diesmal alle Klassen. „Für mich als Sportlehrer ist das klasse“, so Deschner, „so bringen wir alle dazu, sich zu bewegen.“

Ernste Lage in Nepal

Wenn man hört, wie derzeit Corona das Land Nepal heimsucht, berichten die Organisatoren, dann sei es umso wichtiger, etwas zu unternehmen, zu helfen. Erst in der vergangenen Woche berichtete der englische Sender BBC, dass es derzeit in Nepal die weltweit höchsten Inzidenz- und Todesraten gebe. Es gab Bilder im Fernsehen, die zeigten, wie Menschen die Leichen ihrer Angehörigen verbrannten. Grund: Es könnte Seuchengefahr bestehen.

Teilweise würden Unterrichtseinheiten, wie in Deutschland, per Fernunterricht am PC stattfinden. „Aber nur, wenn es auch Strom gibt“, so Deschler. Er wollte vor einem Jahr einen Nepalbesuch mit seiner Frau machen – durch die Pandemie mussten sie die Reise kurzfristig absagen. Nun wartet er, bis solche Reisen wieder möglich sind. Und die Auftaktveranstaltung zum Spendenlauf wird auch schon geplant: Sie wird nach den Pfingstferien Anfang Juni stattfinden. „Es wäre schön, wenn das in Präsenz und nicht bloß virtuell möglich wäre“, hoffen die Organisatoren.

Die Schule rennt

Dadurch, dass kein ganzes Schuljahr zur Verfügung steht, um die notwendigen Kilometer abzulaufen, muss natürlich das ganze SMG zusammenhalten. „Da sehen wir kein Problem“, sind sich Deschler, Renz und Sprenger einig, „dadurch, dass dieses Mal ja alle Klassen im Boot sind, kriegen wir das ganz bestimmt hin.“

Das Engagement im sozialen Bereich sei im SMG seit jeher sehr ausgeprägt, sagen sie, und deshalb gehen sie davon aus, dass die zu laufenden 7400 Kilometer auch tatsächlich zusammen kommen. „Und wenn es sein muss, dann laufe ich die letzten Kilometer ganz schnell alleine“, so Deschler.

Werner Bauknecht

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Erstellt:
02.06.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 45sec
zuletzt aktualisiert: 02.06.2021, 01:00 Uhr

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