Kontinuierlich gewachsen

Das Stadtwiki Tüpedia gibt es seit 15 Jahren

Das große Online-Nachschlagewerk Wikipedia kennt eigentlich jede und jeder, der im Internet unterwegs ist. Für Tübingen gibt es da seit 15 Jahren eine lokale Variante: Tüpedia, das Tübinger Stadt-Lexikon.

25.05.2022

Das Stadtwiki Tüpedia gibt es seit 15 Jahren

Fabian Betz ist seit den Anfängen von Tüpedia im Jahr 2007 mit dabei. Er war sogar 11 Jahre lang, von 2008 bis 2019, Vereinsvorsitzender des Tüpedia-Trägervereins. Der TAGBLATT ANZEIGER sprach mit dem gebürtigen Ulmer, der sich seit seinem Geographiestudium in Tübingen der Neckarstadt verbunden fühlt.

Wie kommt man denn als Geograph auf die Idee, ein Stadtlexikon machen zu wollen?

Fabian Betz: Ich war 2006 bei einem Stadtplanungsinstitut beschäftigt und war als ‚Quartiersmanager‘ für die Tübinger Vorstadt in Reutlingen zuständig. Eines der Projekte, das ich dort entwickelt habe, war ein Stadtquartiers-Wiki, eine Art digitales Lexikon für dieses Quartier. Ich habe damals in Tübingen im französischen Viertel gewohnt und gedacht, so ein digitales Lexikon wäre doch auch was für Tübingen. Als ich dann im Internet dafür eine Domain reservieren wollte, habe ich gemerkt, dass es da schon was gab.

Tatsächlich? Und was war drin?

Nichts. Es gab noch überhaupt keine Inhalte. Gerhard Groebe, ein freier Fotograf, der auch fürs TAGBLATT arbeitete, hatte vorsorglich zwei Domains mit den Namen ‚tuewiki.de‘ und ‚tuepedia.de’ reserviert. Stadtwiki waren damals eine neue Idee, was man im Internet so als lokales Projekt machen kann. Ich habe mich dann mit Gerhard getroffen und wir haben zusammen einen Volkshochschul-Infoabend organisiert, um Leute zu finden, die – unentgeltlich – mitmachen wollen. Für ein digitales Stadtlexikon braucht man ja viele. Der Abend war leider eher schwach besucht.

Und doch gibt es in Tüpedia inzwischen fast 7500 Artikel. Das macht im Schnitt 500 Artikel pro Jahr.

Ja, das ist sogar relativ kontinuierlich gewachsen. Der erste Artikel in Tüpedia war übrigens ein kurzer Absatz über das französische Viertel – von mir angelegt.

Wen’s interessiert: Es gibt auf Tüpedia auch eine Seite, auf der man die chronologische Entwicklung nachlesen kann. Also so was wie: Wann und was war der 3000. Artikel, wann gab’s die meisten Nutzer in einem Monat und was war das 100. Bild.

In Tüpedia gibt es fast 5000 Bilder und die darf man einfach kostenlos verwenden?

Ja, mit Namensnennung des Fotografen und der Quelle, also Tüpedia. Wir nutzen für die Bilder eine CC-Lizenz – Creative Commons heißt das – und bedeutet zu deutsch ‚schöpferisches Allgemeingut‘. Da ist das Teilen-, Vervielfältigen- und Weiterverbreiten-dürfen Bedingung. Das ist ja schließlich der Sinn von einem freien Wissenslexikon für alle, genau wie bei Wikipedia.

Wie viel Zeit investieren Sie für die Arbeit an Tüpedia?

So zwischen einer halben und einer Stunde pro Woche. Ich schau eigentlich so jeden Tag mal rein und guck mir die letzten Änderungen an.

Einzelne Artikel können grundsätzlich von jedem, der möchte, geändert werden. Anonym.

Anonym? Ist das eine gute Idee?

Ja. So ein digitales Lexikon lebt davon, dass viele mitschreiben. Und die Möglichkeit dazu sollte deswegen möglichst niedrigschwellig sein. Jeder Artikel kann ja sofort wieder von jemand anderem geändert, korrigiert, werden. Ich kann zwar nicht alles überprüfen, aber alle Änderungen können mit einem Klick wieder rückgängig gemacht werden.

Wir sind acht Administratoren, die eingreifen können, wenn was aus dem Ruder läuft. Wir hatten tatsächlich auch mal Vandalismus. Da waren über Nacht auf einen Schlag mal 500 neue Artikel da. So viel kann man nicht einfach wieder löschen.

Was meinen Sie, wer das war?

So was kann kein Mensch, das waren Bots. Danach konnte man eine Zeitlang nur mit Anmelden bei uns schreiben. Wir haben eine Sperre eingebaut, so einfache Fragen wie ‚Wie heißt der Fluss, der durch Tübingen fließt?‘ und ähnliches.

Aber es gibt auch menschliche Vandalen. Wir hatten eine Zeitlang ein (von uns gewünschtes) Grußwort von Oberbürgermeister Boris Palmer auf der Startseite. Das ist so oft verunstaltet worden, dass wir es irgendwann von dort runtergenommen haben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Tüpedia?

Wir wünschen uns grundsätzlich immer Leute, die unsere Seite besuchen, als Nutzende oder als Mitarbeitende. Eins fände ich toll, wenn es Wirklichkeit werden würde: Dass man mit einem QR-Code an Tübinger Plätzen, Straßen, Denkmälern und so weiter zum entsprechenden Tüpedia-Artikel kommt.

Interview: Angelika Brieschke

www.tuepedia.de

Das Stadtwiki Tüpedia gibt es seit 15 Jahren

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Erstellt:
25.05.2022, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 25.05.2022, 01:00 Uhr

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