Abenteuer Forschung

Das Universitätsmuseum Tübingen feiert sein Jubiläum mit einer sehenswerten Troia-Ausstellung

23.11.2022

Die Ausstellung „Troia, Schliemann und Tübingen“ ist mitten hinein in die Abguss-Sammlung im Rittersaal auf Schloss Hohentübingen aufgebaut worden. Bilder: Andrea Bachmann

Die Ausstellung „Troia, Schliemann und Tübingen“ ist mitten hinein in die Abguss-Sammlung im Rittersaal auf Schloss Hohentübingen aufgebaut worden. Bilder: Andrea Bachmann

„Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus…“

So beginnt eine der berühmtesten und großartigsten Erzählungen der Weltliteratur. Die „Ilias“ berichtet bild- und wortgewaltig von den letzten 51 Tagen des zehn Jahre andauernden Kriegs um die Stadt Troia. Bis heute ist nicht endgültig geklärt, ob dieser Krieg tatsächlich stattgefunden hat, aber die Siedlung zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer, zwischen Europa und Asien wurde zu einem magischen Ort. In Troia ist alles drin: Liebe und Tod, Freundschaft und Verrat, Götter und Gewalt, schöne Frauen und echte Helden.

Seitdem der mecklenburgische Kaufmann und Abenteurer Heinrich Schliemann 1871 begann, nach dem ebenso mythischen wie mystischen Ort Homers zu suchen und tatsächlich ungeheure Schätze zutage förderte, die er Priamos, dem letzten König von Troia, zuschrieb, ist der mächtige Burgberg im Nordwesten der heutigen Türkei ein Sehnsuchtsort ganzer Generationen. Archäologe wurde zu einem Traumberuf.

Das Museum der Universität Tübingen (MUT) gibt all diesen Träumen mit einer aufwändig recherchierten und gestalteten Ausstellung neue Nahrung: In diesem Jahr feiert die Abteilung „Alte Kulturen“ ihr 25-jähriges Bestehen. Gleichzeitig jährt sich der Geburtstag von Heinrich Schliemann zum 200. Mal und die Universität Tübingen kann auf 35 Jahre Ausgrabungsarbeit in Troia zurück blicken. Drei gute Gründe, den „Mythos Troia“ und die Tübinger Forschungsprojekte zu präsentieren.

Die Ausstellung, die zum Teil in Studierendenprojekten erarbeitet wurde, hat Szenograph Stephan Potengowski in die Abgusssammlung im Rittersaal des MUT integriert. Indigoblaue Stellwände sind zu sechseckigen Kiosken auf weißen Stelzen arrangiert, die Götter und Helden Troias stehen direkt drum herum und bilden mit ihrem blendend weißen Gips einen nahezu klassisch ägäischen Farbkontrast.

Jede Episode des Trojanischen Krieges, vom Raub der schönen Helena bis zur Flucht des Aeneas aus dem brennenden Troia, ist auf unzähligen Kunstwerken und Gebrauchsgegenständen verewigt worden. Von der klassischen Amphore bis zum Stickerbildchen zeigt die Ausstellung die Bilderwelt des troianischen Mythos. Zudem verfügen die archäologischen Sammlungen der Universität Tübingen über etwa 200 originale Artefakte aus den Troia-Ausgrabungen, von denen einige jetzt zum ersten Mal gezeigt werden. Mit vielen Grabungsplänen, Fotografien und Kopien der Ausgrabungstagebüchern wird den Ausstellungsbesucherinnen und -besuchern die ebenso abenteuerliche wie akribische Forschungsarbeit der Archäologen nahe gebracht. Die Ausstellung wird durch ein üppiges Rahmenprogramm ergänzt: eine Vortragsreihe mit renommierten Referenten, die allesamt bis zum Hals im troianischen Burgberg, dem Hisarlık Tepe, gesteckt haben, gehört ebenso dazu wie eine Kabinettausstellung, in der sich Kinder geradewegs in den Bauch des Trojanischen Pferdes begeben können.

Heinrich Schliemann war davon überzeugt, dass das mythische Troia tatsächlich existiert hatte und nicht nur ein Hirngespinst Homers war. Auch Manfred Korfmann von der Universität Tübingen, der 1987 neue Grabungen auf dem Hisarlık Tepe anleitete, versuchte mit einer Ilias-Ausgabe in der Hand nachzuweisen, dass die Siedlung auf dem Burgberg ein überregionales Machtzentrum gewesen sein musste und gab so dem Troia-Mythos neue Nahrung. Troia ist längst eine der bekanntesten Grabungsstätten auf der ganzen Welt und auch wenn der troianische Krieg nur ein Hirngespinst des vermutlich ebenfalls fiktiven Homers war, lässt sich trotzdem auf 3500 Jahre Siedlungsgeschichte zurück blicken. Von der Bronzezeit bis zur Spätantike haben die Menschen in Troia Schicht und Schicht Spuren hinterlassen und moderne naturwissenschaftliche Analyseverfahren liefern immer mehr und immer neuere Erkenntnisse über das Leben an diesem für die europäische Kultur so zentralen Ort. Mittlerweile können wir den Troianern im wahrsten Sinne des Wortes in die Kochtöpfe schauen.

Man kann längst nicht mehr auf den Spuren Homers durch Troia wandeln. Da, wo sich in der Bronzezeit das Meer mit einer Bucht befand, erstreckt sich nun mittlerweile eine ausgedehnte Schwemmlandebene. Aber die Magie großer Geschichten kennt kein Verfallsdatum.Andrea Bachmann

Die Ausstellung „Troia, Schliemann und Tübingen“ im Museum der Universität Tübingen auf Schloss Hohentübingen läuft bis zum 16. April. Offen ist Mittwoch bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 19 Uhr.

Neben regelmäßigen Führungen und Workshops für Gruppen und Schulklassen gibt eine wissenschaftliche, internationale Vortragsreihe. Der für den 24. November vorgesehene Vortrag von Prof. Rüstem Aslan, dem Grabungsleiter in Troia, ist auf den Februar verschoben.

Der sonntägliche Themenvortrag am 27. November um 11 Uhr findet statt. Christina Häfele spricht im Fünfeckturm im Schloss zum Thema „Der Troianische Krieg in Darstellungen“.

Es gibt eine begleitende Kinderausstellung sowie Programm für Kinder.

www.unimuseum.de.

Der Trojanische Krieg war lange Zeit ein beliebtes Vasenmotiv.

Der Trojanische Krieg war lange Zeit ein beliebtes Vasenmotiv.

Zum Artikel

Erstellt:
23.11.2022, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 14sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2022, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen