Achtarmige Kraken

David Letzgus-Maurer freut sich über Freibadöffnung

Das Tübinger Freibad konnte (unverhofft) schon am 22. Mai öffnen. Der TAGBLATT ANZEIGER sprach mit dem Freibadleiter David Letzgus-Maurer über den Betrieb eines Bades unter Pandemiebedingungen.

02.06.2021

David Letzgus-Maurer freut sich über Freibadöffnung

Wie groß ist die Freude, dass Sie öffnen durften?

Von 10 Punkten sind es 10. Wir haben zwar immer gehofft, dass wir sehr früh aufmachen dürfen, aber wir haben es alle nicht mehr wirklich erwartet. Ich verfolge immer die Inzidenzzahlen und als die das erste Mal unter 100 waren, habe ich mich sehr gefreut, denn dann musste man nur noch die Tage bis zur Eröffnung herunterzählen. Nach Sindelfingen waren wir eines der ersten Bäder, das wieder geöffnet hat. Man erkennt aber auch, wie groß die Freude bei den Besucherinnen und Besuchern ist.

Welche Regelungen hat es gebraucht für die Öffnung?

Das ganze Hygienekonzept vom letzten Jahr haben wir übernommen – die Regelungen für die Wege, die Maskenpflicht. Hinzu kommt nun, dass die Besucher tagesaktuell getestet oder eben genesen beziehungsweise geimpft sein müssen. Teilweise kommen die Leute jetzt hierher mit so vielen Dokumenten wie am Flughafen. Mit Impfausweis oder mit Test und mit der Terminbuchung. Da wird es schnell sehr unübersichtlich.

Gab es Start-Schwierigkeiten?

An den Eingängen ist es jetzt erstmal sehr kompliziert. Am ersten Samstag funktionierte direkt das W-Lan nicht.

Für unsere Mitarbeiter ist es umständlich, da sie eigentlich mit zwei Smartphones arbeiten müssen. Eines, um zu schauen, ob der Schnelltest negativ ist und eines, um die Terminbuchung bei uns zu überprüfen. Um das schnell zu machen, bräuchten wir eigentlich einen achtarmigen Kraken.

Auch der Genesenen-Nachweis ist schwierig, da es den an sich ja gar nicht gibt und man bei den Dokumenten genau hinschauen muss, ob man die so akzeptieren kann.

Gibt es Leute, die was gegen das Corona-Konzept haben?

Es ist eigentlich immer das Gleiche. Es kommen viele Leute, die sagen; ‚Was ein Schwachsinn‘. Der Klassiker ist: ‚Ich weiß ja, Ihr könnt nichts dafür, aber…‘. Ich vergleiche das gerne mit Baustellen, da fragt man sich auch immer, warum muss die jetzt hier sein, wenn ich dort hin möchte. Man kann es eben nie allen recht machen.

Wenn das Bad weniger Besucher hat, mussten Sie deshalb Personal entlassen?

Im Gegenteil. Es gibt viel mehr zu tun. Letzte Saison hatten wir insgesamt 17 Becken-Aufsichten. Die brauchen wir, da alle Aufgaben intensiver geworden sind. Das Personal muss unter anderem nun auch die Zugänge zu den Schwimmbecken kontrollieren, damit nicht zu viele im Wasser sind.

Vergangenes Jahr hatten wir coronabedingt 161 000 Besucher, es durften nur 3500 pro Tag rein. Normal sind es um die 300 000. Es waren also weniger Leute im Bad, die aber waren arbeitsintensiver, da die Aufsichten für alles mögliche „Rede und Antwort“ stehen mussten. Die Mitarbeitenden sind mittlerweile Organisator, Psychologe, Dompteur, Rezeptionist und Beckenaufsicht.

Wie groß ist die Hoffnung auf eine baldige normale Öffnung wie vor der Pandemie?

Natürlich groß. Ich hoffe, dass die Regelungen mit Testen und Impfen, um schwimmen zu gehen, bereits im Sommer wegfallen. Das Gute an den jetzigen Bedingungen ist, dass es überall so ist. Nicht nur in Tübingen brauchen Sie einen Test, sondern in jedem Bad.

Was wünschen Sie sich von dieser Saison?

Auf jeden Fall, dass sie besser wird als die letzte. Die war ja auch schon unter Pandemiebedingungen. Aber es gab schon gewisse Lockerungen direkt zum Start. Unsere Duschen durften wir von Anfang an aufmachen. Und wir haben wieder mehr Bänke rausstellen können. Das ist gut, vor allem für ältere Leute.

Der Vorteil diese Saison ist ganz klar die Erfahrung der Menschen. Das hilft sehr. Die anfangs sehr schwierige Maskenpflicht zum Beispiel ist heute zur Normalität geworden. Und die Leute haben gelernt, einfachste Sachen zu schätzen.

Natürlich sind alle „coronamüde“. Aber wir versuchen, für jede Gruppierung von Jung bis Alt, etwas zu haben. Wenn jetzt alle aufeinander Rücksicht nehmen, dann können wir vielleicht bald wieder ganz normal öffnen. Also bitte: Verstehen Sie die Maßnahmen und lassen Sie uns einfach nur Spaß haben.

Interview und Bild: Dennis Duddek