Aus der Luft und zu Fuß (3)

Der Ammerhof

Rokoko und Pferdestall. Der Ammerhof ist einer der charmantesten Orte im Ammertal. Idyllisch zwischen Wiesenflächen und terrassierten Weinbergen am nördlichen Hang des Spitzbergs in der Nähe des Flüsschens gelegen, das dem Ganzen den Namen gibt.

25.10.2017

Von Andrea Bachmann

Bild: Erich Sommer

Bild: Erich Sommer

Der ist entweder keltischen Ursprungs und bedeutet soviel wie „Feuchtgebiet“ oder leitet sich von dem lateinischen Wort für „ambra“ ab, was Bernstein bedeutet. Das wiederum lässt die Vermutung zu, dass hier eine Handelsstraße für das schöne versteinerte Harz aus dem Baltikum nach Spanien verlaufen ist.

Das Hofgut, die „villa ambra“, gab es schon im Mittelalter, auch schon mit einer kleinen Kapelle, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neu- und umgebaut oder erweitert wird. 1171 stiften dann der Pfalzgraf Hugo II. von Tübingen und seine Gemahlin Elisabeth von Bregenz in Obermarchtal in der Nähe von Biberach ein Prämonstratenser-Chorherrenstift und statten es mit Gütern aus, zu denen auch der Ammerhof gehört, der fortan von Verwaltern des Klosters geführt wird. Im protestantischen Württemberg war der Ammerhof eine kleine katholische Oase für all die Menschen in der Umgebung, die hin und wieder einmal eine Messe hören wollten – aber auch für allerhand durchfahrendes Volk, herumziehende Soldaten, Kesselflicker und Scherenschleifer, Korbmacher und Kurzwarenhausierer.

1803 fiel der Ammerhof im Zuge der Säkularisierung zunächst an die Fürsten von Thurn und Taxis, wurde dann verkauft und kam 1852 an die königliche Hofkammer. Heute gehört das Anwesen dem Herzog von Württemberg.

Die anmutige Rokokokapelle wurde als Heuschober benutzt – noch heute kann man in der Kapellenwand die Löcher für die Balken sehen, die als Zwischenboden eingezogen wurden. Erst 1985 wurde das spätbarocke Kleinod behutsam restauriert. Dabei hat man die Reste der Langhausbemalung so sorgfältig konserviert, dass selbst eine Notiz, die wohl einst ein Polier an die Wand auf der Südseite gekritzelt hatte, erhalten geblieben ist.

Bauherr der 1765 errichteten heutigen Kapelle war die Reichsabtei Obermarchtal und die engagierte keinen geringeren als Tiberius Moosbrugger, einen der Vorarlberger Barockbaumeister, die im 17. und 18. Jahrhundert neue Maßstäbe im Kirchenbau setzten. Ein echter Stararchitekt sozusagen. Man wollte den Protestanten ringsum schon zeigen, dass die heilige katholische Kirche selbst für die Kapelle eines kleinen Meierhofs weder Kosten noch Mühe scheuen musste.

Heute ist die Kapelle meist geschlossen. Wer an einem der Gottesdienste teilnimmt, die in den Sommermonaten dort noch stattfinden, kann sich über das bezaubernde Rokokoambiente der Kapelle freuen, deren Stuckaturen und Fresken ein echter Export Oberschwäbischen Barocks ins Ammertal sind.

Eines der alten Stallgebäude beherbergt einen Pferdestall: Der Ammerhof ist seit über zwanzig Jahren ein wahres Reiterparadies mit Reithalle, vielen Pferdekoppeln und schön ausgebauten Reitwegen.

Das kleine Fachwerkgebäude dicht bei der Hofeinfahrt wurde vermutlich um 1800 als Schafstall errichtet. Heute werden hier Tiere behandelt, vorwiegend Pferde, aber auch Kleintiere. Selbst ein Dromedar durfte schon auf dem OP-Tisch Platz nehmen. Der Umbau zur Tierklinik wie auch die Gestaltung der gesamten Anlage gelang so, dass der Charme des alten klösterlichen Hofgutes noch immer jeden Durchreisenden bezaubert. Die Soldaten und Straßenhändler sind allerdings Radfahrern und Pferdefreunden gewichen.