Und er tat es gleich noch einmal

Der Düsseldorfer Maximilian Thorwirth siegte erneut beim Tübinger Erbelauf

Titelverteidigungen beim Tübinger Stadtlauf, heute Erbelauf, gelangen in früheren Zeiten nur kenianischen Gästen wie Laban Chege oder dem unvergessenen Tendai Chimusasa.

20.09.2023

Beim Erbelauf wird um jeden Meter gekämpft - die Zuschauer mögen’s. Bild: Werner Bauknecht

Beim Erbelauf wird um jeden Meter gekämpft - die Zuschauer mögen’s. Bild: Werner Bauknecht

Doch Thorwith, Wahltübinger und Teil der LAV-Trainingsgruppe von Isabelle Baumann, legte erneut einen Husarenritt hin und gewann am Ende mit 20 Sekunden Vorsprung vor Jan Philipp Kisker und 25 Sekunden vor Lorenz Baum, beide LAV. Der Sieger benötigte nur 30:58 Minuten. Und das auf einer eher schwierigen, komplizierten 10-Kilometer-Strecke durch Tübingen und dann auch noch bei hohen Temperaturen. „Eigentlich hatte man nirgends richtig Schatten außer in der Haaggasse, dem Fußgängertunnel und in Teilen der Uhlandstraße“, sagte Dieter Baumann, der zwischen den einzelnen Läufen die Strecke mal abgegangen war. Immerhin gab es in der Uhlandstraße Wasser, zum Trinken und Übergießen.

Die kleine Streckenänderung mit der Einbeziehung des Zinserdreiecks bei der 2. und 3. Runde fiel nicht weiter auf, war aber nötig geworden, damit die 10 Kilometer erreicht wurden. Da störte eher der 3-malige Anstieg der Mühlstraße. Bei den Frauen siegte Eva Dieterich in 34:54 vor Antonia Schiel (beide LAV Stadtwerke Tübingen), die 36:02 Minuten brauchte. Bemerkenswert Platz 3 bei den Frauen: Merle Brunnée, die gerade erst Weltmeisterin im Duathlon geworden ist.

Bei den Frauen waren viele bekannte Läuferinnen am Start, die übers Jahr verteilt großartige Ergebnisse abgeliefert hatten. Da rannte Marina Kornmüller auf Platz 7, die Bundesliga-Triathletin. Jule Vetter oder Janina Ruf (beide LAV) finishten ebenfalls unter den Top-10. Bei den Männern scheiterte Tony Tomsich mit Platz 4 knapp am Treppchen. Der LAV-Athlet aus Alaska hatte die Trainings- und Vorbereitungstruppe auf den Lauf seit Monaten geleitet. Er hatte bei den Deutschen Meisterschaften über 10 Kilometer vergangene Woche noch Gold im Team und Silber im Einzel gewonnen.

Keine Medaille blieb für den Tübinger OB Boris Palmer übrig. Dieser startete über die Kilometer und kam nach immerhin 16:44 Minuten ins Ziel. „Wenn er sich mal moderne Laufklamotten kaufen würde und nicht das Baumwollzeug“, frotzelten Zuschauer, „dann wäre er locker zwei Minuten schneller.“ Klar, dass die Hitze allen zu schaffen machte.

Aber die vielen Tausend Zuschauer an der Piste kompensierten die Qual durch ihre Unterstützung deutlich. „Und man muss ja auch nicht volle Pulle laufen“, so Läufer Anton Gerlach, „wenn man weiß, dass die Temperaturen nicht mitmachen.“ Dennoch gab es etliche unter den Läuferinnen und Läufern, die der Hitze dann doch zum Opfer fielen. Neben der Neuen Aula hatte das DRK etwa ein halbes Dutzend Rettungswägen stehen. Dennoch gab es massive Kritik an deren Einsatz. So lag zum Beispiel eine Läuferin Minuten lang auf der Ziellinie, während Zuschauer sich um sie kümmerten. Moderatorin Jacky Baumann hatte ein ums andere Mal über Lautsprecher um Hilfe durch den Notarzt gebeten. Als irgendwann zwei Retter kamen, hatten sie nicht mal eine Liege dabei und wollten die Läuferin zu Fuß ins Notarztzelt bringen. Als dort kein Arzt war, bot sich ein Teilnehmer als Arzt an, aber: „Sie dürfen hier nicht rein – Datenschutz.“

Dabei wird der diesjährige Erbelauf als Lauf mit der bisher höchsten Teilnehmerzahl in die Annalen eingehen. Bisheriger Rekord waren 3178 Teilnehmer, dieses Jahr waren es mehr als 3500. Dazu zählten dann alle Läufe vom virtuellen Lauf über die Staffeln bis zu den Hauptläufen. Für Palmer gleich ein politisches Statement: „Möge sich dieses Land ein Beispiel am Erbelauf nehmen.“ Erstmals gab es auch ein rein weibliches Moderatorinnen-Duo. Vor allem Jacky Baumann glänzte mit viel Wissen zu Lauf und Teilnehmern. Und sie motivierte die Erschöpften. Hannah Klein assistierte ihr immer wieder. An der Strecke stand, verletzungsbedingt, eine der besten Läuferinnen überhaupt: Alina Reh, auch eine aus der Baumann-Truppe und ehemalige Stadtlaufsiegerin, feuerte die Teilnehmer an.

Etliche der Cracks sahen den Erbelauf als Vorbereitungslauf auf „längere“ Aufgaben: Die Herbstmarathons stehen vor der Tür. So wird beispielsweise Lorenz Baum in zwei Wochen in Köln über den langen Kanten starten, andere bereits kommenden Sonntag in Berlin. Vorstand Boris Rein hat Frankfurt im Visier, war am Sonntag allerdings organisatorisch im Dauereinsatz. Und Lorenz Baum zeigte, was ein echter Marathoni drauf hat: Nach dem Erbelauf hängte er eine schnelle 8-km-Trainingseinheit dran. Werner Bauknecht

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Erstellt:
20.09.2023, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 20.09.2023, 01:00 Uhr

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