Dem Dominator unterlegen

Der TVR kann lernen, aber es war keine Lehrstunde gegen Berlin

Mit den Berliner Volleys kam die Übermannschaft nach Tübingen, um gegen die Volleyballer aus Rottenburger anzutreten. Die Hausherren wehrten sich hervorragend gegen die Niederlage.

05.02.2020

Der TVR kann lernen, aber es war keine Lehrstunde gegen Berlin

Tübingen. Na gut, gegen den Liga-Dominator kann man schon verlieren. Die Cracks der Berlin Recycling Volleys ließen erwartungsgemäß nichts anbrennen und gewannen standesgemäß dann auch mit 3:0 in Tübingen gegen den TV Rottenburg.

Angesichts der erdrückenden Dominanz der Berliner ist das Ergebnis der Rottenburger so schlecht nicht. Die letzten beide Sätze verloren sie nur mit 22:25, den ersten allerdings klar mit nur 17 Punkten. Dass der amtierende Deutsche Meister so klar dominieren würde war eigentlich klar – aber ein wenig hoffte man doch, dass ein bisschen was geht.

So meinte der Beiratsvorsitzende des TVR, Hermann Sambeth, am vergangenen Freitag noch, „ein Pünktchen wäre schön.“ Es spricht durchaus für den Optimismus der Verantwortlichen, aber auch der Spieler, dass es in der laufenden Saison mental stimmt bei den langen Kerls am Netz.

Im dritten Satz konnten sie sogar eine Weile von einem Satzgewinn träumen. Immerhin führten sie mit 12:9 gegen Berlin, und erst beim 14:14 konnten die Gegner ausgleichen. Doch danach gingen die Berliner in Führung und gaben diese bis zum Matchball auch nicht mehr ab. Diesen Matchball versenkte dann John Hatch – mit einem Ass.

Natürlich waren die Volleyballer, aber auch Coach Christophe Achten, nicht mit dem Ergebnis zufrieden – mit dem gezeigten Spiel allerdings schon. Obwohl: Achten sah schon mehr Möglichkeiten gegen die Berliner, zumal die kräftig rotierten und einige schwächere Momente hatten. „Wir hätten mehr machen können“, so Achten.

Liest man die Statistik aufmerksam, erkennt man bereits eine der Schwachstellen der Rottenburger: Sie verbuchten insgesamt 17 Eigenfehler, die Berliner nur 8. In Blockpunkten waren die beiden Teams sogar ausgeglichen, beide machten 5 Punkte. „Wir müssen genießen, dass wir heute ein gutes Spiel gemacht haben“, meinte Tim Grozer nach dem Match. Und tatsächlich wehrten sich die Spieler nach Leibeskräften gegen den großen Gegner.

Die Berliner bauten immer schon mit ihren Aufschlägen mächtig Druck auf. Diesen Aufschlag servierten sie vornehmlich auf Jared Jarvis, den sie sich als Schwachpunkt ausguckten. Und leider – Jarvis tat sich zusehends schwerer, die Aufschläge der Gegner vernünftig anzunehmen und zu retournieren.

Auch Johannes Mönnich tat sich sehr schwer gegen die Berliner. In seiner Position als Diagonaler bewirkte er letzten Endes nichts, seine Unsicherheit nahm mit jedem Fehler zu. Herausragend aber waren wieder Libero Taichi Kawaguchi und Tim Grozer. Während Kawaguchi nicht eine einzige Annahme versiebte, zeigte Grozer einmal mehr seine derzeit überragende Leistungsfähigkeit. Abgesehen von ein paar Aufschlagfehlern, brachte er eine bärenstarke Leistung auf das Feld. Seine Offensivkraft derzeit ist einfach großartig.

Dabei darf man trotz aller Euphorie nicht vergessen, dass die Berliner am Samstag auch ihrer zweiten Garde Spielzeit gaben. Und was da an Qualität vorhanden ist, konnte man schon an dem US-Amerikaner Cody Kessel sehen. Nicht mal Stammspieler, und trotzdem machte er alleine 16 Punkte. Der Mann war kaum zu stoppen. Aber auch der zweite Zuspieler, Pierre Pujol, zeigte eine tadellose Leistung.

Für die etwa 2000 Zuschauerinnen und Zuschauer jedenfalls war es eine tolle Abendunterhaltung. Es gab Volleyball auf hohem Niveau. Vor allem sahen sie eine kämpfende und niemals aufgebende Truppe aus Rottenburg. Und auf der anderen Seite spielte eine international ebenfalls etablierte Mannschaft wie die Berliner Volleys groß auf. Schade, dass den Rottenburgern nicht der erste Satzgewinn seit Jahren gegen den Branchen-Primus gelang. Dabei kann es sogar sein, dass die beiden Teams im Playoff-Viertelfinale wieder aufeinander treffen. Denn die Regel ist die, dass der erste gegen den achten antritt. Und dass die Berliner erster werden – daran zweifelt kaum noch jemand.

Zweifel gibt es allerdings beim TV Rottenburg. Denn durch die Niederlage gegen die Berliner und den gleichzeitigen Sieg von Königs Wusterhausen in Bühl, sind die Bischofsstädter auf den vorübergehenden 9. Tabellenrang abgerutscht. Es sind zwei Punkte Unterschied zu den Achtplatzierten.

Allerdings können die Rottenburger das wieder umdrehen, denn Berlin kommt nur ein Mal, und die haben sie jetzt hinter sich.

Die Bühler hingegen haben schwere Gegner vor sich: Am kommenden Mittwoch geht es gegen Friedrichshafen bei den Häflern, und am Wochenende gegen Unterhaching. Der TV Rottenburg hingegen tritt am kommenden Sonntag gegen den Tabellenletzten Eltmann an. Hier müssen natürlich die Punkte her.

„Wenn wir so wie gegen Berlin spielen“, meinte Rottenburgs Manager Philipp Vollmer nach dem Match, „dann ist mir vor Eltmann nicht bange.“ Er lobte auch die Stimmung in der Halle, nachdem endlich mal wieder um die 2000 Zuschauer in der Halle waren. Klar, dass da Stimmung aufkommt. „Ich hoffe, sie kommen nächste Woche wieder, dann können wir gewinnen.“ Für die Rottenburger ist es ein Highlight Spiel, und es wird im Fernsehen übertragen – zum ersten Mal. Sogar Ex-Vfb-Kicker Cacau kommt zu Besuch als Integrations-Beauftragter.Werner Bauknecht

Ein tolles Bundesliga-Volleyballspiel gab es am vergangenen Samstag in der Tübinger Paul-Horn-Arena: Rottenburg gegen Berlin. Hier im Bild: Taichi Kawaguchi (vorn, TV Rottenburg) und Leon Dervisaj (hinten, TV Rottenburg). Bild: Ulmer

Ein tolles Bundesliga-Volleyballspiel gab es am vergangenen Samstag in der Tübinger Paul-Horn-Arena: Rottenburg gegen Berlin. Hier im Bild: Taichi Kawaguchi (vorn, TV Rottenburg) und Leon Dervisaj (hinten, TV Rottenburg). Bild: Ulmer

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05.02.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 28sec
zuletzt aktualisiert: 05.02.2020, 01:00 Uhr

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