Gelaufen werden darf überall

Der Tübinger Nikolauslauf findet statt – wenn auch anders als sonst

So kennt man das seit mehr als 40 Jahren: In der Zeit um den Nikolaustag am 6. Dezember herum tummeln sich Massen an Läufern und Läuferinnen im Schönbuch zwischen Waldhäuser Ost, dem Sand, Hagelloch und dem Heuberger Tor.

12.08.2020

Dieses Jahr wird es das nicht geben: Den Nikolauslauf-Proberun. Bild: Werner Bauknecht

Dieses Jahr wird es das nicht geben: Den Nikolauslauf-Proberun. Bild: Werner Bauknecht

Seit etlichen Jahren übersteigt seine Teilnehmerzahl die 3000. Das ist umso beachtlicher, als dieser Lauf mit seinen 21,095 Kilometern als harter Kanten gilt und den Sportlern alles abverlangt. „Die Planung für den Lauf startet bei uns praktisch gleich nach dem Lauf“, so Gerold Knisel, der Cheforganisator der Veranstaltung und 1. Vorsitzender des ausrichtenden Post SV Tübingen. Diese Planung wurde im März 2020 aber jäh unterbrochen – Corona lähmte weltweit das Leben der Menschen, Veranstaltungen gab es keine mehr.

Am vergangenen Donnerstag gab es eine Pressekonferenz zum Lauf in den Räumen des Namenssponsors itdesign in der Friedrichstraße. Sie hätten lange überlegt, berichtet Knisel, ob sie den Lauf durchführen oder absagen sollten. Vor drei Wochen sei dann nach intensiven Teamüberlegungen die Entscheidung gefallen: „Ein Tübinger Sportjahr ohne Nikolauslauf ist kein gutes Jahr“, brachte er das Resultat auf den Begriff.

Was in Coronazeiten bleibt, ist ein Lauf, den man unter „dezentral“ und „digital“ zusammenfassen kann. Konkret: Jede und jeder läuft für sich und wo er oder sie möchte. Das Ergebnis wird in ein Online-Portal eingetragen, für das man sich zuvor anmelden muss. Das fand auch Christoph Adamczyk, Chef des Hauptsponsors, toll. „Gerold kam vorbei und sagte, wir machen was Neues – aber wir machen was.“

Erstmals bietet der Post SV zwei Distanzen an – zum Halbmarathon kommt ein Zehner dazu. „Das dient der Erweiterung der Zielgruppe“, erklärt Knisel. Gleichzeitig stellt er aber auch klar, dass das eine Ausnahme bleiben wird. In künftigen, dann wieder auf der Originalstrecke gelaufenen Nikolausläufen wird es keinen 10-Kilometer-Lauf mehr geben.

Ansonsten meldet man sich, ganz wie in den früheren Jahren, beim Lauf an. Drei Tage vor dem Start erhalten die Angemeldeten eine Mail mit ihren Daten zum Portal. Allerdings gibt es keinen konkreten Tag mit Startzeit, an dem die Strecke gelaufen werden muss. Denn die Veranstalter bieten einen Zeitraum zwischen dem 5. und dem 13. Dezember 2020 an, in dem die entsprechende Distanz absolviert und die Laufzeit eingetragen werden müssen.

Dabei hat Knisel durchaus herausfordernde Ziele. Über 2000 Teilnehmer sollten es schon sein, meint er. Dazu unternimmt der Verein auch einiges. Es wird einen Messestand geben in der Tübinger Innenstadt, die regionalen Lauftreffs und Sportgeschäfte werden als Multiplikatoren mithelfen. Über soziale Netzwerke, eine sogenannte Lauftreffbörse, sollen sich Laufgruppen zusammenfinden, die gemeinsam trainieren können.

Alle Anmelder erhalten laut Knisel ein „hochwertiges Laufshirt“ aus fairer Produktion. „Dieses Starterhemd wurde speziell für unseren Lauf designed“, so der Cheforganisator, „und es wird in allen Größen vorliegen.“ Die Anmeldung kann Online ab der ersten Septemberwoche erfolgen. Die Anmeldegebühren sind gestaffelt. Zwischen 21 Euro für Frühanmelder und bis zu 25 Euro für die Zögernden.

Auch neu ist, dass der Nikolauslauf dieses Jahr Sozialpartner haben wird. Ihnen werden die Erlöse abzüglich der Kosten zukommen. Zum einen ist das die Bürgerstiftung Tübingen für ihr Projekt EfA (Entlastungsangebot für Alleinerziehende). Außerdem die Tübinger Hospizdienste.

Die Sponsoren des Laufs blieben an Bord. So kann man in den Gehr-Bäckereien eine Woche lang in allen Filialen ein Rosinenbrötchen umsonst abholen, wenn man die Startnummer vorzeigt. Ja, genau, es werden auch Startnummern vergeben, die man selbst ausdrucken kann. „Wir wollten soviel Normalität wie möglich in den Lauf bringen“, meint Knisel. Und da gehöre eine Startnummer unbedingt dazu. Es wird zwar keine Siegerehrung geben wie nach einem normalen Lauf. Die Preise werden verlost. Aber: „Wir vergeben immer 100 Preise, und daran hat sich auch dieses Jahr nichts geändert.“

Die sozialen Medien werden eine große Rolle spielen. Es wird eine „Social Wall“ angeboten, also eine Art Schwarzes Brett beziehungsweise eine Plakatwand, auf der die TeilnehmerInnen Bilder digital einstellen können. Aber auch kleine Video-Clips seien willkommen, eigene Storys zum Laufen und Bilder mit der eigenen Startnummer. Am Ende ergebe das einen bunten Überblick über den Nikolauslauf 2020.

Auf Nachfrage erläuterte Knisel, dass im Vorfeld auch über einen Lauf auf der Originalstrecke nachgedacht wurde. Aber die Coronaregeln hätten das nicht zugelassen. Er erinnerte an Läufe wie den Reschensee-Lauf in Italien, der auch tatsächlich stattfand. „Aber da kamen so wenige Teilnehmer, dass das keinen Sinn machte.“ So habe es auch keinen Sinn, den beliebten Probelauf abzuhalten.

Dass die Idee des neuen Nikolauslaufs ankam, zeigte sich schon bei der ersten Reaktion zum Beispiel des Lauftreffs Entringen. Deren Leiter, Werner Pfeifer, bot seinen Mitgliedern bereits an, speziell für den Nikolauslauf drei Vorbereitungsläufe anzubieten – teilnehmen können da auch Gäste und alle Interessierten. Und den Lauf wollen sie, dann angemeldet, auf der Originalstrecke in Gruppen machen. Werner Bauknecht