Immer gut genutzt

Der Umsonstladen in der Tübinger Schellingstraße ist immer gut besucht

Angefangen hatte es mit einer Verschenkecke im Haus. Inzwischen ist der Umsonstladen in einem Kellerraum in der Schellingstraße 6 eine gut besuchte Einrichtung.

13.12.2017

In einem Kellerraum in der Tübinger Schellingstraße 6 gibt es alle möglichen Dinge ohne Geld: der Umsonstladen des Wohnprojekts Schellingstraße.Bild: Brieschke

In einem Kellerraum in der Tübinger Schellingstraße 6 gibt es alle möglichen Dinge ohne Geld: der Umsonstladen des Wohnprojekts Schellingstraße.Bild: Brieschke

Tübingen. Der Umsonstladen im Wohnprojekt Schellingstraße ist offen für alle. Das ist Andrea, die jeden Mittwoch und oft auch samstags in dem Kellerraum nach dem Rechten sieht, sehr wichtig: „Hierher kommen die verschiedensten Nationalitäten und sämtliche Altersgruppen – jeder darf kommen“, sagt sie, während sie gleichzeitig versucht, in dem Chaos vor dem Schuhregal jeweils zweite Schuhe zu finden.

Der nicht sehr große Kellerraum, in den das Verschenkregal vor gut neun Jahren umgezogen ist, ist voll: Voll mit Kleidung jeder Art für Frau und Mann und Kind, voll mit Taschen, Schuhen, Spielsachen, Geschirr und Besteck, Haushaltsgeräten, Büromaterial, Stoffe, jede Menge Bücher und und und. In den Raum hinein ragen mehrere zweistöckige Kleiderständer, auf einem riesigen Tisch liegt allerlei Krimskrams und an sämtlichen Wänden sind raumhohe Regale angebracht – und nirgendwo ist ein Plätzchen frei. Alles, was jemand irgendwann mal nicht mehr gebraucht, für noch gut befunden und hierher getragen hat, liegt bereit für jemanden, der es haben will. Für umsonst – und ohne selber etwas dafür bringen zu müssen.

„Wir sind kein Tauschladen“, betont Andrea, denn dieser Aspekt ist wichtig für die Leute, die Dinge brauchen. Der Umsonstladen wurde immer gut genutzt. Und nun, seitdem auf der Straßenseite gegenüber Migranten eingezogen sind, ist der Zulauf noch mal deutlich angestiegen. Es kommen seither nicht mehr vor allem Studierende in den Schellingstraßenkeller, sondern auch viele Flüchtlinge. Sehr begehrt sind – außer Kleidung – Geschirr und Haushaltswaren und kleine technische Geräte. Die Erklärung dafür liegt auf der Hand: Sobald Flüchtlinge einen eigenen Haushalt haben können, fehlt eben fast jedes Ding.

Auch gern genommen werden Körperpflegemittel und Schminksachen. Hingegen landen „tendenziell zu viele Bücher“ im Umsonstladen. Deswegen sollten die auch bitte nicht zu alt sein.

Andrea arbeitet seit fünf Jahren ehrenamtlich im Umsonstladen. Das heißt vor allem: aufräumen. Eine Zeitlang hatten die Schellingstraßenbewohnerinnen und -bewohner versucht, den Kellerraum ohne Aufsicht einfach geöffnet zu lassen. Das funktionierte nicht wirklich gut. „Das waren chaotische Zustände, der komplette Boden war mit Klamotten belegt und die Leute sind über die Sachen gestiegen“, erzählt Andrea. Zwar gab es ständig Aufräumaktionen der Ehrenamtlichen, aber bei jedem Öffnungstag war der Raum in kürzester Zeit wieder in vollkommener Unordnung. Eine frustrierende Sache. „Mir gefällt das so nicht“, war Andrea irgendwann klar und jetzt ist während der Öffnungszeit immer jemand vom Umsonstladenteam als Aufsicht da. Das hat sich bewährt. Allein schon dafür, dass sie dann auch den Leuten, die was bringen, erklären können, wo sie was hinräumen sollen.

Das Umsonstladenteam ist relativ groß, wobei jede und jeder soviel mitarbeitet, wie er will und kann. „Es gibt welche, die kommen zum Aufräumen, manche sortieren vor allem die Bücher“. Zwei, drei Leute haben fest die Anwesenheitsschichten übernommen.

Was das Team auch macht: Ständig alles durchschauen und aussortieren. Das allerdings wird eher behutsam gemacht: verschmutzte Kleider etwa, oder einzelne Schuhe. „Was wir wegwerfen, ist wirklich Schrott“, betont Andrea. Denn neben dem sozialen Aspekt des Umsonstladens ist den Wohnprojektleuten ebenso wichtig, dass auf diese Weise auch Müll vermieden wird. Sie wollen mit ihrem Umsonstladen auch ein Zeichen setzen gegen die Konsum- und Wegwerfgesellschaft.

Allerdings hat der Wille zur Müllvermeidung klare Grenzen: „Wir haben auch schon Hausverbote erteilt, nachdem wir Dinge von hier auf einem Flohmarkt wieder gesehen haben“, erzählt Andrea. Denn mit den Geschenken soll auf keinen Fall wieder Profit gemacht werden – das ist für die Ladenverantwortlichen nicht verhandelbar. Angelika Brieschke

Der Umsonstladen in der Schellingstraße 6 ist jeden Mittwoch von 16 bis 23 Uhr und jeden Samstag von 16 bis 19 Uhr geöffnet

Die Ehrenamtlichen freuen sich immer über Leute, die

gerne helfen wollen.

www.schellingstrasse.de/index.php?id=436

Zum Artikel

Erstellt:
13.12.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 55sec
zuletzt aktualisiert: 13.12.2017, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen