Laufend kurz mal um die Erde

Der itdesign-Nikolauslauf Tübingen ist beendet – die Resonanz war gewaltig

Der diesjährige, bereits 45. Tübinger Nikolauslauf, musste gezwungenermaßen virtuell gelaufen werden – die Resonanz war trotzdem beachtlich.

16.12.2020

Schön ordentlich in Zweiergruppen erklimmen die Läufer/innen den Bettelweg. Bild Post SV

Schön ordentlich in Zweiergruppen erklimmen die Läufer/innen den Bettelweg. Bild Post SV

Die Zuschauer- und Finisherzahlen beim diesjährigen Itdesign-Nikolauslauf (NLL) schenkten sich kaum etwas verglichen mit den Vorjahreszahlen. Und da wurde ja noch „richtig“ gelaufen. Dieses Jahr gab es das Zeitfenster 5. bis 13. Dezember in dem der Lauf absolviert werden musste. Und zwar egal wo. Hauptsache es waren 21,095 oder 10 Kilometer. Letzteres wurde erstmalig und vermutlich einmalig angeboten.

Cheforganisator und Vorstand des ausrichtenden Post SV Tübingen, Gerold Knisel, lieferte eindrucksvolle Zahlen. So waren insgesamt 3238 Teilnehmer/innen gemeldet, von denen dann 2758 tatsächlich ins Ziel liefen. Die gelaufenen Kilometer summieren sich auf 43.397,5 Kilometer – das entspricht einem Lauf, der 1,08 Mal um die Erde führt. Und sogar der Finisherrekord vom Vorjahr (2830) konnte fast getoppt werden. Gelaufen wurde weltweit. Da es beim virtuellen Lauf egal ist, wo man seine Kilometer sammelt, gab es Ergebnisse von überall aus der Welt – von Südafrika bis Südkorea und von Hamburg bis Garmisch-Partenkirchen. So lief Katrin Köngeter in ihrem Heimatort im Schwarzwald in Unterkirnach bei 20 Zentimeter Schnee. Karin Hormann war glücklich darüber, immer wieder mal Menschen auf der Strecke zu begegnen, die man pandemiebedingt lange nicht mehr gesehen hat – der NLL machte es möglich. Dafür lief sie die 21 auch gleich drei Mal in der Woche – aber da eher zum Genießen.

Der leidenschaftliche Hobbyläufer Martin Betz nahm am Mittwochvormittag die Originalstrecke unter die Sohlen. „Regen, angenehme Temperaturen – aber Matsch in Massen“, berichtete er. Hilfreich sei gewesen, dass die Organisatoren um Knisel Kilometer-Tafeln aufgehängt hatten. Und Plakate, die Spaziergänger um Verständnis für die wilden Horden im Schönbuch baten. „Die waren alle freundlich“, so Betz.

Magdalena postete in der Läufergruppe vom Post SV/LAV Tübingen, dass sie zuerst einen Testlauf auf einer einfachen Strecke machten und dann auf den schwereren Originallauf umstiegen. Was ihr und allen anderen Teilnehmern besonders auffiel und gefiel: Die ganze Woche über begegnete man den diesjährigen, vorwiegend gelben Laufshirts, die speziell für den Lauf an die Teilnehmer/innen ausgegeben wurden. Die Shirts waren in der Anmeldung inbegriffen. „Da hatte man das Gefühl, mit 3000 Sportlern in einem Rennen zu laufen“, fuhr sie fort.

Oliver Ruckaberle lief die Originalstrecke ebenfalls mehrmals – immer eher im Wohlfühltempo. Auch für ihn vermittelten die Kilometeranzeiger „so eine Art Wettkampfgefühl.“ Dennoch: „Die Strecke ist schon sehr anspruchsvoll – aber sie war gut zu laufen, bestens präpariert.“

Kathrin Ripper berichtet von ihren Vorbereitungsläufen mit dem Lauftreff Entringen. An fünf Sonntagen seien sie quer durch den Schönbuch gelaufen. Wer den Schönbuch kennt: Flach sind die Strecken dort nicht. Schließlich lief sie den 10 Kilometer-Lauf auf Tempo auf einer flachen Strecke im Ammertal gemeinsam mit Michael Burnet. Auch der hatte sich in langen Läufen auf diesen fast einzigen Wettkampf im Jahr 2020 vorbereitet. „Da zieht man sich gegenseitig und macht echten Spaß“, so Ripper.

Aber nicht nur aus den heimischen Gefilden trudelten Nachrichten erfolgreich absolvierter Läufe ein. Knisel berichtet von einem Teilnehmer, der seinen Halbmarathon bei einem Berglauf in Hongkong absolvierte – „mit mehr Höhenmeter als der originale Lauf“. Von dem Lauf schickte er einen Videozusammenschnitt nach Tübingen. Und am Schluss gab es sogar noch eine politische Botschaft: „Free Hongkong“.

Wie so viele andere auch absolvierte Michael Hahn zwei Läufe – einen flachen mit persönlicher Bestzeit und einen Lauf der Originalstrecke – ebenfalls mit neuem persönlichem Streckenrekord. Was den Lauf natürlich in seiner virtuellen Durchführung auch so einzigartig macht: Man kann sich das erfüllen, wovon man nach einem realen Wettkampf öfter mal träumt: Ihn wiederholen und alles besser machen. Beim Nikolauslauf dieses Jahr klappte das. So war der vielmalige deutsche AK-Meister zum Beispiel im Marathon, Mathias Koch (LAV Stadtwerke Tübingen) nach einem Hammertrainingsprogramm mit müden Beinen auf Wettkampfkurs gegangen. Das Resultat gefiel ihm nicht. Also versuchte er es ausgeruht noch mal – mit deutlich besserem Ergebnis.

Erstaunlich viele Genussläufer waren unterwegs, auch solche mit großem Namen. So nahm der Streckenrekordbesitzer mit einer 1:07:15, Dieter Baumann, die Originalstrecke mit gechillten 1:50 unter die Sohlen und machte den NLL zu seinem „Lauf der Woche“. Auch Tochter Jackie, eine ausgemachte Sprinterin, lief den 10-Kilometer-Kanten. Respekt. Eine höchst skurrile Nachricht erhielt Knisel aus dem Schwarzwald. Dort war eine unter Quarantäne stehende Läuferin die 10 Kilometer auf dem eigenen Grundstück gelaufen – das Gesundheitsamt hatte sich dabei vorsorglich nach ihrem Zustand erkundigt.

Zwar gibt es keine offiziellen Sieger/innen und auch die 100 zu vergebenden Preise werden verlost – dennoch gibt es natürlich eine Ergebnisliste. Nach der siegte im Halbmarathon bei den Frauen Corinna Coenning (Glems) mit 1:25:46 Stunden, bei den Männern heißt der Sieger Christian Burkhardt aus Gärtringen (1:12:26 Stunden. Die 10 Kilometer gewann Lorenz Baum (LAV Stadtwerke Tübingen) in überragenden 30:25 Minuten, bei den Frauen siegte Sabrina Mockenhaupt-Gregor in 37:10 Minuten. Auch Urkunden zu den Ergebnissen gibt es, die kann man sich selbst ab Montag ausdrucken.

Eine weitere Besonderheit des NLL: die Relativwertung. Dabei wird hochgerechnet, welche Zeit die Ak-Läufer/innen erreicht hätten, wären sie im besten Laufalter von 20 Jahren. Hier siegte bei den Männern Werner Bauknecht (1:02:48 Stunden). Bei den Frauen gewann diese Wertung Anja Karau mit 1:20:09 Stunden. Werner Bauknecht

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Erstellt:
16.12.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 16.12.2020, 01:00 Uhr

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