Hohe Dunkelziffer

Die Bevölkerung im Kreis Tübingen ist „zeckenexponiert“

Der lange Sommer im vergangenen Jahr war nicht nur erfreulich: Deutschlandweit führte er zu einem Zecken-Rekordjahr und damit auch zu einem Höchststand bei der durch Zecken übertragenen Krankheiten.

20.02.2019

Baden-Württemberg ist FSME-Risikogebiet. Bild: www.zecken.de

Baden-Württemberg ist FSME-Risikogebiet. Bild: www.zecken.de

In Deutschland gab es im vergangenen Jahr 583 Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis-Erkrankungen (FSME), das waren fast 100 mehr als 2017 – eine Steigerung von 20 Prozent.

Im Kreis Tübingen sieht die Statistik anders aus: In den vergangenen fünf Jahren waren hier die FSME-Erkrankungen immer im einstelligen Bereich (2014: 5 FSME-Fälle; 2015: 2; 2016: 5 und 2018: 7). Nur im Jahr 2017 gab es einen Ausreißer nach oben: 17 FSME-Fälle sind in dem Jahr in die kreisweite Statistik eingegangen.

Bei so geringen Fallzahlen scheint die Gefahr, FSME zu bekommen, vernachlässigbar zu sein. Dennoch möchte Thomas Hierl, Sachgebietsleiter Infektionsschutz im Landratsamt Tübingen, das Erkrankungsrisiko nicht als harmlos abtun: „Wir erfassen da nur die Spitze des Eisbergs, die Dunkelziffer ist deutlich höher.“ Auch wenn ein Großteil der FSME-Erkrankungen ohne Symptome oder eher schwach verläuft: Sie kann auch mit einer Gehirnentzündung einhergehen und schwerwiegende Folgen haben mit Bewusstseinsstörungen und Lähmungen, in (sehr) seltenen Fällen endet sie sogar tödlich. „Je älter man ist, desto schwerer erkrankt man“, erklärt Hierl. „Die allermeisten der gemeldeten FSME-Fälle sind Personen, die älter als 40 oder 50 Jahre sind.“

Zu einer vorsorglichen Impfung, die bei FSME möglich ist, wird geraten, wenn man in einem FSME-Risikogebiet lebt (ganz Baden-Württemberg ist eines) und „zeckenexponiert“ sei, wie Hierl es nennt. „Zeckenexponiert“ ist im Grunde jeder, der ab und an im Wald spazieren geht. „Wenn einer immer nur in der Bibliothek sitzt, braucht er sicher keine Impfung“, sagt Hierl. „Aber der Großteil der Bevölkerung ist in der Freizeit draußen auf Wiesen oder im Wald unterwegs.“

Thomas Hierl betont, dass es bei FSME „keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung“ gibt. Allerdings ist, wenn auch selten, eine Übertragung durch Rohmilch, also durch nicht erhitzte Milch, möglich. So ist der Statistik-Hochstand im Kreis Tübingen im Jahr 2017 mit 17 FSME-Fällen zum Teil auf Erkrankte zurückzuführen, die sich durch Ziegen-Rohmilch infiziert hatten.

Anders als die Grippeimpfung kann die FSME-Impfung jederzeit im Jahr durchgeführt werden. Für den vollen Impfschutz sind insgesamt drei Impfungen nötig, Auffrischungen dann alle drei bis fünf Jahre. Die Impfung kann man bei jedem Hausarzt machen lassen und Hierl rät dazu, die Gelegenheit gleich dazu zu nutzen, mal wieder ins Impfbuch zu schauen. „Wenn man in der Natur unterwegs ist, sollte man sowieso auch auf einen ausreichenden Tetanusschutz achten.“ Angelika Brieschke

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Erstellt:
20.02.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 20.02.2019, 01:00 Uhr

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