Was braucht der Mensch wirklich?

Die Ernährungsberaterin Valerie Biesinger sieht die Nutri-Score-Kennzeichnung kritisch

Valerie Biesinger (M.Sc. Ernährungsmedizin) empfiehlt eine ausgewogene, individuell angepasste Ernährung. Wir sprachen mit der Tübinger Ernährungsberaterin vom ErnährungsTherapieZentrum Tübingen (ETZ) über die Nutri-Score-Kennzeichnung von Lebensmitteln, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf den Weg gebracht wurde.

13.11.2019

Valerie Biesinger empfiehlt eine ausgewogene Wahl der Lebensmittel auf der Basis der Ernährungspyramide. Bild: Vivian Viacava Galaz

Valerie Biesinger empfiehlt eine ausgewogene Wahl der Lebensmittel auf der Basis der Ernährungspyramide. Bild: Vivian Viacava Galaz

TAGBLATT ANZEIGER: Welche Stoffe in der Nahrung schaden der Gesundheit am meisten?

Valerie Biesinger: Dies lässt sich leider pauschal so nicht sagen – es hängt von den individuellen Bedürfnissen sowie der Stoffwechsellage des einzelnen Menschen ab. Kein Stoff ist von vornherein schädlich. Auch Zucker oder Salz ist nicht grundsätzlich gefährlich. Denn die Dosis macht das Gift.

Welche Krankheiten sind die Folgen einer schlechten Ernährung?

Viele Krankheiten können die Folgen einer beispielsweise zu kalorienhaltigen Ernährung sein. So etwa Übergewicht und daraus resultierend Diabetes, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen. Eine einseitige Ernährung führt andererseits zur Mangelversorgung.

Was halten Sie von der Lebensmittel-Kennzeichnung mit Nutri – Score?

Es wäre sinnvoll, Fertignahrungsmittel wie Chips, Gummibärchen oder zum Beispiel Fertiggerichte zu kennzeichnen. Für den Verbraucher ist es meist schwierig, diese Lebensmittel entsprechend einzuordnen. Für natürliche Lebensmittel wie beispielsweise Öle, Nüsse, Mehle oder auch Fisch ist der Nutri-Score schwierig anwendbar. Aufgrund ihres Fett- oder Kohlenhydratgehalts müssten diese Lebensmittel gegebenenfalls rot gekennzeichnet werden. Andererseits ist eine ausgewogene, bedarfsgerechte Ernährung ohne diese Lebensmittel nicht denkbar.

Ist eine solche Kennzeichnung auf freiwilliger Basis ausreichend oder sollte sie der Gesetzgeber zur Pflicht machen?

Bevor eine Kennzeichnungspflicht eingeführt wird, müsste der Nutri-Score sich zunächst über eine freiwillige Kennzeichnung bewähren. Wenn er Erfolg zeigt, sollte er vom Gesetzgeber verpflichtend eingeführt werden.

Wie kann man sich gesund ernähren?

Die Antwort auf diese Frage kann im Einzelfall ganz unterschiedlich ausfallen. Der kleinste gemeinsame Nenner für eine gesunde Ernährung findet sich in der aid-Ernährungspyramide – allerdings nur für einen gesunden Menschen ohne jegliche Stoffwechselstörung. Entsprechend sehen wir im ETZ uns den Menschen immer als Individuum an und entscheiden dann entsprechend nach seinen Bedürfnissen und seiner Stoffwechsellage.

Fragen von Vivian Viacava Galaz

Die Ernährungspyramide ist ein anschauliches und alltagstaugliches System, um die Lebensmittelauswahl für eine ausgewogene Ernährung zu erleichtern. Sie zeigt auf, wie viel einer Lebensmittelgruppe täglich verzehrt werden sollte. Jeder Kasten der Pyramide steht für eine Portion, entsprechend dem individuellen Handmaß des jeweiligen Menschen. Die Ampelfarben helfen bei der ersten Orientierung – „grün = reichlich“, „gelb = mäßig“ und „rot = sparsam“.

Zum Artikel

Erstellt:
13.11.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 13.11.2019, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen