Ein LAV-Jahr voller Hindernisse

Die Läufer litten 2020 unter den Meisterschaftsabsagen

Viele Ziele fielen wegen der aktuellen Krise weg und neue Ziele mussten gefunden werden. 2020 war nicht nur aus sportlicher Sicht eine Herausforderung.

07.01.2021

Das „LAV & Friends Meeting“ unterbrach im Sommer die Tristesse der Athleten. Bild: Lukas Müller

Das „LAV & Friends Meeting“ unterbrach im Sommer die Tristesse der Athleten. Bild: Lukas Müller

Die Mittelstrecklerin Hanna Klein fasste das so zusammen: „Das Besondere an diesem Jahr war, dass nichts mehr selbstverständlich war.“ Von einem Tag auf den anderen wurde im Frühjahr die ganze Trainingsroutine für die Tübinger Nachwuchsathleten über den Haufen geworfen, auch wenn es die Läufer noch verhältnismäßig gut hatten, da eigenständiges Training im Wald und auf Feldwegen weiterhin möglich war.

Gerade für die jüngeren Leichtathleten war diese Zeit dennoch extrem hart, vor allem, nachdem der letzte große Wettkampf mit der Cross-DM in Sindelfingen sehr vielversprechend gelaufen war. „Danach folgte lange Zeit nur einsames Training im Wald. Kein Bahntraining, kein Gruppen-Trainingslager in Italien, keine Wettkämpfe in Sicht“, erinnert sich die U20-Läuferin Janina Ruf an die schwierige Phase im Frühjahr zurück.

Auch der Schüler Ben Schlichter empfand die Trainingszeit im Frühjahr ohne Trainingskameraden als mental herausfordernd. Dafür hatte er dann die ersten gemeinsamen Testwettkämpfe nur gegen die eigenen Vereinsmitglieder in besonders schöner Erinnerung. Und auch 800-Meter-Spezialist Julius Ulrich erinnert sich gerne an diese ersten Trainingsrennen, geprägt durch das starke Gemeinschaftsgefühl, die gegenseitige Motivation und positive Stimmung in der Gruppe.

Auch für Hindernisläuferin Hanna Gröber waren es die schönsten Momente in der Saison: „Nach der langen Trainingszeit alleine habe ich mich immer wieder auf die Gruppentrainings gefreut!“ Auch Hanna Klein, die bei einem Time Trial sogar eine inoffizielle persönliche Bestzeit über 3000 Meter aufgestellt hatte, unterstützt duch ausschließlich männliche Tempomacher im blau-weißen Trikot, konnte noch positiv mit dieser Saison abschließen. Auch wenn die Absage der EM in Paris die Vertragsathletin schwer traf.

Die Läuferinnen und Läufer, hatten Glück, dass im Sommer und Frühherbst doch noch Meisterschaften und einige Straßenrennen stattfanden. So konnte Hanna Klein ihren 3. Titel in diesem Jahr bei 35 Grad im Braunschweiger Stadion über 1500 Meter feiern. Für Katja Fischer und Hanna Gröber blieben die Deutschen Meisterschaften ebenfalls in besonders guter Erinnerung, da beide mit einer kämpferischen Leistung unter die Top 10 in Deutschland laufen konnten.

Natalie Frank begeisterte ebenfalls den ganzen Sommer lang mit mutigen Antritten auf der Bahn und belohnte sich mit Spitzenzeiten über 1500 Meter und 3000 Meter. Robert Baumann rannte im Herbst über 10 Kilometer von Bestzeit zu Bestzeit, und auch Lorenz Baum und Silvan Rauscher konnten sich nach einer durchwachsenen ersten Jahreshälfte über enorme Steigerungen als Lohn für das kontinuierliche Training freuen. Das tröstete ein wenig über die abgesagten Straßenläufe und die ausgesetzten Meisterschaften der U23 und 10 000 Meter in Pliezhausen hinweg.

Dennoch: Es war trotzdem ein Jahr der Extreme; neben Erfolgen gab es auch persönliche Rückschläge. Michi Wörnle musste nach einem tollen Winter in der Halle und im Cross einen herben Verletzungsrückschlag hinnehmen, und auch Langstrecklerin Jule Vetter konnte die meiste Zeit des Jahres nur alternativ und alleine trainieren. Großteils ohne Teamunterstützung war auch Anais Sabrié während ihres Praktischen Jahres unterwegs. Immerhin konnte sie sich beim Berglauf in Sierre-Zinal mit einem tollen 2. Platz über das abgesagte Marathondebüt hinwegtrösten. Auch der unerwartete Rücktritt Jackie Baumanns traf die LAV, die in der Form ihres Lebens war, sich dem enormen Wettkampf- und Leistungsdruck aber nicht mehr gewachsen fühlte. Nun motiviert sie dafür als Coach den Nachwuchs der LAV. Das musste auch Trainerin Isabelle Baumann anerkennen: „Zu akzeptieren, dass Jackie auf einem solchen Niveau keine Rennen mehr laufen wollte, war nicht einfach. Aber es ist toll zu sehen, wie sie nun die Athleten als Trainerin mitnehmen und begeistern kann.“

So zieht die Trainerin insgesamt ein doch positives Fazit. „Natürlich war das Jahr insgesamt eine große Herausforderung, aber die vielen Einschränkungen haben auch gezeigt, wie motiviert alle beim Training dabei waren und trotz der vielen Umstände gemeinsam immer weiter gemacht haben. Das war für mich als Trainerin in Summe das Schönste in diesem Jahr!“

Dennoch hofft sie im Blick auf 2021, dass bald auch mehr Normalität und Struktur in den Trainings- und Wettkampfalltag zurückkehren werden. Die Athlet/innen können es jedenfalls kaum erwarten. Ein gutes Schlusswort fand da auch die neue Trainerin Jackie: „Die Situation war und ist sicherlich eine Herausforderung nicht nur für uns Athleten, sondern die gesamte Menschheit, aber ich hoffe, dass wir gemeinsam gestärkt daraus hervorgehen können.“ Werner Bauknecht