Kleidern ein zweites Leben geben

Die Modedesignerin Sofia Cervera entwirft am liebsten kleine Accessoires

Sofia Cervera betreibt seit zwei Jahren eine eigene Nähwerkstatt im Tübinger Lorettoviertel. Cervera verwendet möglichst nur gebrauchte Materialien und hat ihre Werkstatt „Recycled in Tübingen“ genannt.

01.12.2021

Hier entsteht gerade eine personalisierte Einkaufstasche: Sofia Cervera bei der Arbeit in ihrer kreativen Nähwerkstatt „Recycled in Tübingen“. Bild: Angelika Brieschke

Hier entsteht gerade eine personalisierte Einkaufstasche: Sofia Cervera bei der Arbeit in ihrer kreativen Nähwerkstatt „Recycled in Tübingen“. Bild: Angelika Brieschke

Sie verwenden in Ihrer Nähwerkstatt vor allem gebrauchte Materialien. Warum?

Schon als Kind haben mir meine Eltern gezeigt, dass wir nicht viel brauchen, um glücklich zu sein. Zu Hause in Argentinien haben wir zum Beispiel immer Kompost gemacht, wir haben den Müll getrennt (obwohl es kein Recyclingsystem wie hier in Deutschland gab), und als ich 12 Jahre alt war, hat meine Mutter eine Ökologiegruppe gegründet, in der wir nicht nur Kurse gemacht und für den Umweltschutz geworben haben, sondern auch den Müll im Dorf eingesammelt haben. Als ich Teenager war, habe ich angefangen, in Secondhandläden Kleidung zu kaufen. Mein Vater hat mich gelehrt, dass es immer möglich ist, einen Traum oder eine Idee zu verwirklichen.

All diese Lehren und noch mehr machten mir meinen ökologischen Fußabdruck schon in jungen Jahren bewusst.

Ich denke, dass es überall genug Material gibt, um kreativ zu sein und schöne Dinge daraus zu machen. Ich habe die Massenproduktion nie gemocht, obwohl ich sie in der Ausbildung zur Modedesignerin gelernt habe. Ich habe mich immer dagegen gewehrt, um das tun zu können, was mir wirklich Spaß macht, nämlich einzigartige Objekte mit Materialien zu schaffen, die die Leute für Müll halten, wo ich im Gegenteil nur Potenzial darin sehe.

Kaufen Sie dennoch manchmal Stoffe dazu?

Obwohl es Fälle geben kann, in denen ein kleines Stück neuer Stoff benötigt wird, um ein Kleidungsstück für einen Kunden zu flicken oder umzuwandeln, versuche ich immer, das zu verwenden, was ich habe und in den letzten Jahren gesammelt habe. In meiner Nähwerkstatt gibt es vier Schränke voller Stoffe, Kleidungsstücke, Reißverschlüsse, Knöpfe, Fäden, Wolle und so weiter, aus denen meine Kunden gemeinsam mit mir auswählen können, welches Material für ihre Flick oder Umgestaltung am besten geeignet ist.

Was nähen Sie am liebsten?

Ich liebe es, niedliche und gleichzeitig nützliche Accessoires zu entwerfen, wie zum Beispiel meine geliebten Bauchtaschen, die sehr farbenfroh und superpraktisch sind.

Ich mache auch gerne personalisierte Einkaufstaschen und auch meine Orangenkästchen: Eine wunderbare Technik, die mir eine Freundin der Familie mit gegeben hat. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie diese schöne Technik mit mir geteilt hat, um nette Kästchen mit Orangenschalen zur Dekoration zu machen, die jahrelang nach Orangen duften.

Schließlich gibt es noch Kundenprojekte, wie die Umgestaltung von Lieblingskleidungsstücken, um den Stücken ein zweites Leben zu geben. Ich freue mich jedes Mal sehr, wenn sie mir ihr Vertrauen schenken und mir ihre wertvollsten Kleidungsstücke oder Stoffe überlassen, damit ich sie umgestalten kann und sie sie weiterhin benutzen können.

Sie haben schon eine eigene Marke gestaltet: „PorQueSi!“. Gibt es da noch Stücke von?

Ja, „PorQueSi!“ war eine Marke, die ich nach meiner Ausbildung kreiert habe, es war eine Frauenmode-Marke, die aus ausrangierten Stoffen und Kleidern hergestellt wurde, alle Kleider waren einzigartig. Es war ein wunderschönes Projekt, das ich drei Jahre lang in Argentinien durchgeführt habe, von dem heute nur noch zwei Kleider in meiner Nähwerkstatt hängen. Jedes Mal, wenn ich sie anschaue, stärkt das meine Motivation und gibt mir Sicherheit in dem, was ich tue. Heute arbeite ich unter dem Namen „Recycled in Tübingen“.

Wie sind Sie nach Deutschland gekommen?

Im Jahr 2012, genauer gesagt an meinem Geburtstag, habe ich Jan, meinen Partner und Freund, in Argentinien kennengelernt. 2016 sind wir nach Tübingen, seiner Stadt, gezogen. Im Laufe der Zeit habe ich mich in unser Leben hier verliebt.

Vor zwei Jahren habe ich mit meiner Nähwerkstatt begonnen, zuerst zu Hause mit einer Maschine, heute in meiner eigenen Nähwerkstatt im Loretto und mit vielen Freunden und Kunden, die sich freuen, dass ich Teil der Nachbarschaft bin.

Fragen von Angelika Brieschke

Die Nähwerkstatt „Recycled in Tübingen“ von Sofia Cervera ist in der Gölzstraße 12.

https://slcervera.wixsite.com/recycledintuebingen

Am Samstag, 4. Dezember, findet von 11 bis 18 Uhr auf dem Quartiersplatz im Güterbahnhof ein Nikolausmarkt statt. Sofia Cervera ist dort mit einem Stand vertreten.

Der Nikolausmarkt wird vom Verein Stadtteiltreff mit viel Mühe und ohne Geld organisiert. Er findet nach den gültigen Corona-Regeln mit 2G-plus statt.