Volksbank-Raiffeisen Cup 2022

Die Organisatoren verschieben die Laufserie – und umstrukturiert wird auch

Die beliebte VR-Cup-Laufserie besteht aus fünf Läufen, über denen in diesem Jahr abermals das Corona-Damoklesschwert schwebt.

24.02.2021

Es wird dauern, bis wie hier beim Spitzberglauf wieder gewetzt werden darf. Bild: Werner Bauknecht

Es wird dauern, bis wie hier beim Spitzberglauf wieder gewetzt werden darf. Bild: Werner Bauknecht

Folglich sagen die Organisatoren die Laufserie gleich ganz ab. Bereits 2020 fiel sie der Corona-Krise zum Opfer. Normalerweise geht’s immer mit dem Kiebinger Osterlauf los, der vor allem mit seiner schnellen, flachen Strecke die Zeitenjäger/innen einlädt. Schon manche Bestzeit wurde auf dem Dreieck Kiebingen – Rolu-Siedlung Rottenburg – Wurmlingen und zurück gelaufen.

Beliebt ist der Lauf auch als erste richtig schnelle Einheit, ehe das Wettkampfgeschehen in Fahrt kommt. Dabei kam der Kiebinger Lauf als letzter zu den fünf Stationen dazu. „Die Strecke wäre auch was für eine Deutsche Meisterschaft über 10 Kilometer“, ist Gerold Knisel, Vorsitzender vom Post SV Tübingen, überzeugt.

Der zweite Lauf ist der Mössinger Röwa-Stadtlauf. Der startet im Mai. Das war nicht immer so. Lange Jahre fand der Lauf, der vier Male durch die Mössinger City führt und ebenfalls 10 Kilometer lang und ebenfalls vermessen ist, im Frühsommer als dritter Lauf statt. Mancher Läufer/in wird sich noch an wahre Hitzeschlachten aus dieser Zeit erinnern.

Sogar Michael Sommer aus Schwaikheim, vielmaliger Deutscher Meister im 100-Kilometer-Lauf, kam nach eine, hitzigen Lauf entkräftet ins Ziel und meinte: „Ich dachte, ich müsse sterben.“ Übrigens gibt es den Stadtlauf erst seit 2004, vorher ging es noch durch die umliegenden Wälder und Wiesen – Start und Ziel waren im Stadion.

Mittlerweile haben die Mössinger ihren Lauf in den Mai verlegt. Sie waren auch schon Ausrichter der Baden-Württembergischen Straßenmeisterschaften auf dieser Piste, außerdem Station beim Team-Cup Baden-Württemberg. Der Röwa-Lauf ist der größte in der Serie, derjenige mit den meisten Teilnehmern und auch deshalb der stimmungsvollste, weil es vier Male durch den Ort geht.

Da stehen auch Trommel- und Bläsergruppen am Pistenrand und etliche Anwohner versorgen die Teilnehmer/innen mit kalten Wasserduschen, wenn der Frühlingstag gar zu heiß ist. Und noch immer wartet der Organisationschef des Laufs, Dieter Schneider, auf seine erste Teilnahme. „Solange ich noch mitarbeite und am Mikro stehe, geht das nicht. Aber irgendwann bin ich dabei“, sagt der Mössinger.

Station drei ist der Dußlinger Hannesle-Lauf. Auch der hat in den letzten Jahren mehrfach den Streckenverlauf geändert. Besonders reizvoll dabei ist die Zielankunft, die nördlich der Steinlach, direkt am Bach entlang über eine mehrere Hundert Meter lange Graspiste führt. Die Strecke, die am Nehrener Sportplatz vorbei führt, ist profiliert. Mitten drin, etwa beim fünften Streckenkilometer, kommt ein atemberaubender Anstieg – im wahrsten Sinne des Wortes.

Hier wurde schon manches Rennen entschieden. Auch der Zieleinlauf führt wieder am Sportplatz vorbei, ehe dann die Graspiste zur Zielgeraden wird. Der Lauf, ein echter Klassiker der Region, wird beim VR-Cup 2022 nicht mehr zur Serie gehören. Es fehlt mittlerweile einfach das Personal, um den Lauf und dessen Organisation zu stemmen. Dabei war die Verbindung von Pfingsten, Fußballturnier, Lauf und Bierzelt mit Musik eine perfekte Kombination für solch eine Veranstaltung. Viele Läufer/innen werden eine Träne im Auge verdrücken, wenn nun dieser Termin in der Laufplanung ausfällt.

An Stelle der Dußlinger ist der Kusterdinger Hornissenlauf neues Mitglied beim Cup. Das erfahrene Team um Erich Knapp, früher selbst ein schneller Hirsch auf den Strecken der Region, hat, nach etlichen Experimenten, inzwischen einen abwechslungsreichen, wenngleich nicht einfach zu bewältigenden Lauf auf die Beine gestellt. Bemerkenswert vor allem der lange Anstieg von Hornbach in Lustnau in einem Schwung hoch bis zum Wasserturm – inklusive Zielsprint ins Stadion.

Der Hornissenlauf heißt übrigens so, nachdem vor vielen Jahren die Läufer auf der Strecke von aufgeregten Hornissen attackiert wurden – und das zwei Jahre in Folge. Mittlerweile ist das nicht mehr zu befürchten, die fliegenden Brummer halten sich an die Läuferregeln: Seid freundlich und fair zueinander – auch wenn es ein Wettkampf ist. Durch die relativ neue Strecke entgehen die Läufer/innen sowohl der Hitze, die es ihnen, ungeschützt, auf den Härten im Juli sonst schwer macht, als auch möglichen Beeinträchtigungen durch den Wind, der auf der Höhe ungebremst Bestzeiten beeinträchtigen kann.

Direkt nach dem Tübinger Stadtlauf folgt in der Regel der Hirschauer Spitzberglauf. Er präsentiert den Teilnehmern am letzten Sonntag des September mit 13,1 Kilometern die längste Strecke im Cup. Und, glaubt man den Teilnehmern der letzten Jahre, auch die anspruchsvollste. Ein paar Hundert Meter nach dem Start am Hirschauer Sportgelände geht es auch schon den Spitzberg hinauf. Dann, in den Weinbergen, gibt es eine längere Einheit, die auch ein paar kleinere Bergabstellen hat, ehe es dann in einem Schwung hoch geht zur Grillstelle oberhalb von Wurmlingen.

Danach führt die Strecke einen Hohlweg hinauf, der es mächtig in sich hat. Früher kam man über diesen zurück in Richtung Ziel, aber sogar für Bergabläufe war er zu gefährlich, zumal am Ende immer eine 180-Grad Kurve den Läufern alles abverlangte. Auch hier gab es bereits unterschiedlichste Streckenführungen, ehe die aktuelle Piste sich nunmehr etabliert hat.

Der Spitzberg ist auch Trainingsgelände etlicher Lauftreffs der Gegend, vor allem natürlich Spielwiese für den Lauftreff Hirschau. Der baut die Strecke immer wieder entweder in seine langen Sonntagsläufe ein, oder er nimmt Teilstücke davon unter die Lauftreter.

Ebenfalls ein Klassiker der Laufkultur hierzulande ist der Wachendorfer Starzachlauf. Doch ebenso wie den Dußlingern fehlt es den Wachendorfern am Nachwuchs in der Organisation. Damit scheiden sie für 2022 ebenfalls aus der Serie aus. Die regionale Laufsaison endet im September, denn der Starzachlauf war sonst immer mit seinem Termin Ende Oktober der letzte Lauf vor der Haustüre, ehe es Richtung Nikolauslauf Tübingen ging.

Dabei war der Lauf oft etwas für die wirklich Harten in der Läufergilde. Denn in den vergangenen Jahren sparte er nicht mit regelrechtem Sauwetter. Da war alles dabei – vom Schneefall über Dauerregen bis zu eiskalten Graupelschauern. Dennoch trafen sich Hunderte Unbeirrte stets am Sonntagmorgen vor der Sporthalle und trotzten der Natur. Und war man erst einmal unterwegs, spürte man ohnehin schnell nichts mehr von Wind, Regen und Kälte.

Durch die Umstrukturierung und das coronabedingte Verschieben des Cups auf 2022 bleibt genügend Zeit, sich an die neuen Bedingungen zu gewöhnen. Vermutlich braucht man immer noch drei Läufe von vier angebotenen, um in die Cup-Wertung zu kommen.

Und für viele ist es auch eine willkommene Abwechslung, sich beim Hornissenlauf zu messen und die notwendigen Punkte fürs Gesamtergebnis zu holen. Man kann sich allerdings auch vorstellen, wie groß die Vorfreude auf die Veranstaltungen sein wird, angesichts einer Welle von Absagen wegen Corona. Die Laufgemeinde lechzt nach Wettkämpfen – nicht virtuell, sondern so „wie früher“.

Einen davon hoffen die Kiebinger anbieten zu können. Denn nachdem sie ihren Osterlauf auch nur virtuell anbieten können, planen sie einen Lauf für Oktober: Einen echten Lauf. Also einen, bei dem man wie sonst auch analog am Start vordem Sportgelände steht, gemeinsam mit noch mal 200 Läufer/innen, und mit dem Startschuss geht die wilde Hatz los. Für die Kiebinger wäre es ein Jubiläumslauf des TSV. Denn im Juli 1921 gründete sich der Verein, somit feiert er das runde Hundertjährige.

Der Cup lebt natürlich nicht nur vom Laufen alleine. Denn für viele ist das Danach ebenso wichtig wie der Wetz selber. In den Hallen der Veranstalter gibt es nach den Läufen die nötige Kuchenration, die man braucht, um den Glukose-Haushalt wieder aufzufüllen.

Und während die Siegerehrungen ihren Lauf nehmen – für viele dann doch manchmal zu lang –, lässt man den Lauf nochmal Revue passieren im Gespräch mit den Mitstreitern. Da es meist „Mehrfachtäter“ sind, die beim Cup mitlaufen, lassen sich auch die bisher gelaufenen Zeiten immer bestens vergleichen.

Und natürlich steht am Ende häufig ein Plan: Nächstes Mal an gleicher Stelle – aber dann viiiiel schneller! „Wenigstens trainieren kann man auf den Strecken“, so manche der Dauerläufer. Werner Bauknecht

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24.02.2021, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 24.02.2021, 01:00 Uhr

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