Respektlosigkeit, Schubladendenken

Die Reutlinger Tonne zeigt „Respekt“

Aufeinander zugehen in gegenseitigem Respekt: Darum geht es in der neuen Tonne-Produktion „Respekt“. Die Theatercollage in sieben Bildern und mit viel Musik feiert unter der Regie von Enrico Urbanek am 21. Oktober in der Reutlinger Tonne1 Premiere.

20.10.2021

Die Beteiligten an der Theatercollage „Respekt“ (von links): Santiago Österle, Sibylle Schulze, Bahattin Güngör, Enrico Urbanek, Michael Schneider und Michel op den Platz. Bild: Jürgen Spieß

Die Beteiligten an der Theatercollage „Respekt“ (von links): Santiago Österle, Sibylle Schulze, Bahattin Güngör, Enrico Urbanek, Michael Schneider und Michel op den Platz. Bild: Jürgen Spieß

Wie ist unser Verhältnis zu Menschen, die aus einem uns fremden Land stammen oder einer Minderheit angehören? Ist der Umgangston untereinander rauer geworden und fehlt es zunehmend an Respekt und Toleranz im täglichen Miteinander? Wie müssen wir mit uns selbst umgehen, um anderen gegenüber tolerant und wertschätzend sein zu können? Wo beginnt eigentlich Diskriminierung und wie sieht die Welt aus dem Blickwinkel eines ausgegrenzten Menschen aus?

Respekt sei ein Wort, das häufig verwendet, aber nicht immer anderen entgegengebracht werde, meint Tonne-Intendant Enrico Urbanek, der das Stück in sieben Kurzgeschichten inszeniert hat. Eigentlich sollte die Theatercollage bereits in der vergangenen Saison aufgeführt werden, fiel jedoch wie so vieles andere der Corona-Pandemie zum Opfer.

Die Idee, acht Autoren damit zu beauftragen, über das Thema Respekt etwas beizutragen, wurde nun wieder aufgegriffen und mit Karin Eppler, Barbara Herold, Thomas B. Hoffmann, Michael Schneider, Marion Schneider-Bast, Helge Thun sowie Yaron Shamir und David Liske umgesetzt. In teils absurden, aber auch bissigen und schwarzhumorigen Dialogen lassen die Autoren Charaktere mit teilweise festgelegten Meinungen aufeinanderprallen und ziehen dabei Unbeteiligte mit in den Disput hinein. Dabei entstehen oft überflüssige und vermeidbare Missverständnisse und führen zu sich selbst entblößenden Schubladendenken, führen aber manchmal und überraschenderweise auch zu neuen Einsichten.

Die Autoren haben ihre Texte unabhängig voneinander entwickelt. Was sie verbindet ist das Thema Respekt und dass die Kurzgeschichten alle an einer Bushaltestelle spielen: „Wir haben einen Ort ausgesucht, an dem die unterschiedlichsten Menschen aufeinandertreffen“, so Enrico Urbanek, „ein Ort der Begegnungen, aber auch Auseinandersetzungen“. Das Bühnenbild von Sibylle Schulze ist urban gehalten, eingerahmt von Mülltonnen und transparenten Wänden aus Planen, zwischen denen die Darsteller Bahattin Güngör, Haydar Baydur, Thomas B. Hoffmann, David Liske, Santiago Österle, Seyyah Inal, Antje Rapp, Michael Schneider, Chrysi Taoussanis, Daniel Tille, Svenja Marija Topler auftauchen und wieder verschwinden.

Neben der Auseinandersetzung mit dem Thema Respekt nimmt auch die Musik einen großen Raum ein. Alle Darsteller singen im Chor, und Instrumente wie Gitarre, Kazoo, Akkordeon, Bratsche, Banjo, Kontrabass, Flöte, Perkussion und diverse Geigen kommen ebenfalls zum Einsatz. Gespielt wird Balkanmusik, Irish Folk und Bluegrass, „Musik eben, wie man sie auf der Straße hört“, so der musikalische Leiter Michael Schneider, der eine der Geschichten geschrieben hat. In Barbara Herolds Beitrag geht es etwa um einen von der Gruppe Ausgeschlossenen. Ein anderes Stück von Thomas B. Hoffmann handelt von einem angedrohten Selbstmord und wie das Umfeld darauf reagiert. Und auch eine Mutter in Elternzeit, die in einer weiteren Geschichte von Marion Schneider-Bast nach sieben Monaten mit ihrem Ehemann tauscht, wird abwertend und wenig respektvoll von ihren Kollegen behandelt.

Wo gibt es in alltäglichen Situationen Vorurteile, Respektlosigkeit und Schubladendenken? Und was kann man dagegen tun? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich auch Helge Thun in seinem gedichteten Rollstuhlmonolog. Und natürlich fehlt auch nicht der durch Aretha Franklin bekannt gewordene Soul-Klassiker „Respect“ von Otis Redding. Jürgen Spieß

Die Premiere „Respekt“ findet am 21. Oktober, 20 Uhr, im Reutlinger Theater Die Tonne statt.

„Respekt“ ist eine Kooperation mit dem Verein Reutlinger Theater in der Tonne, den Technischen Betriebsdiensten Reutlingen und dem Weißen Ring.