Fleisch hat Zukunft

DieMetzgerei Kiesinger wird renoviert

Die Metzgerei Kiesinger in Tübingen ist während den Faschingsferien wegen Renovierung geschlossen. Wir sprachen mit Harald Kiesinger, der den Familienbetrieb bereits in der dritten Generation führt, über den Fleischkonsum in einer ökologisch orientierten Unistadt.

07.02.2018

Von Stefan Zibulla

Harald Kiesinger präsentiert eine Spezialität seines Hauses: Dry Aged Beef. Dieses Rindfleisch reift nicht im Vakuum, sondern mindestens 28 Tage offen am Knochen. „Dadurch bekommt das Fleisch seinen harmonischen Geschmack“, erklärt der 49-jährige Inhaber der Tübinger Metzgerei. Bild: Zibulla

Harald Kiesinger präsentiert eine Spezialität seines Hauses: Dry Aged Beef. Dieses Rindfleisch reift nicht im Vakuum, sondern mindestens 28 Tage offen am Knochen. „Dadurch bekommt das Fleisch seinen harmonischen Geschmack“, erklärt der 49-jährige Inhaber der Tübinger Metzgerei. Bild: Zibulla

TAGBLATT ANZEIGER: Was ist neu, wenn Ihre Metzgerei am 19. Februar wieder eröffnet wird?

Harald Kiesinger: Seit der letzten Renovierung vor 20 Jahren hat die Inneneinrichtung doch etwas gelitten und weist einige Verschleißspuren auf. Im Zuge unseres aktuellen Umbaus werden wir den Verkaufsraum und das Buffet attraktiver gestalten. Bis auf die Theke im Verkaufsraum wird alles neu. Wir bekommen einen anderen Boden in Betonfarbe und die Wände erhalten einen frischen Anstrich in einem ansprechenden Taubenton. Für das Dekor wird viel Holz verbaut, so dass die Räume rustikaler wirken. Unsere Wurst hängt an Brettern mit Beilen. Bei der Präsentation unserer Waren reagieren wir auf den Trend der vergangenen Jahre und legen den Akzent stärker auf die Fleischprodukte, die immer häufiger nachgefragt werden. Allerdings gehen bei uns jede Woche auch noch 1,6 Tonnen Wurst über die Theke.

Gerade im Buffet geht es oft recht eng zu. Gibt es hier in Zukunft mehr Platz?

Das Buffet erhält zwar ein neues Design im Bistrolook, kann aber leider nicht erweitert werden. Die räumlichen Kapazitäten in unserem Gebäude sind erschöpft. Und wir haben auch keine Möglichkeit, in die Nachbarschaft auszuweichen.

Wie hoch ist die Investition in diese Umgestaltung?

Wir investieren jedes Jahr rund 50 000 Euro, hauptsächlich in neue Maschinen. Für die Renovierung nehmen wir dieses Jahr etwa 75 000 Euro in die Hand.

Lohnt sich dieser Aufwand in einer grünen Hochburg, in der die vegane Ernährung propagiert wird?

Wir passen uns dem veränderten Bewusstsein der Verbraucher an. In unserem Buffet verkaufen wir täglich zwischen 200 und 250 Mahlzeiten – ein Angebot, dass auch von immer mehr Senioren angenommen wird. Der Anteil der vegetarischen Tagesessen ist mittlerweile auf rund rund 30 Prozent angestiegen. Zudem beobachten wir, dass anspruchsvolle Verbraucher bereit sind, für Qualität mehr Geld auszugeben. Trotz aller Kritik am Konsum tierischer Produkte wird Fleisch auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung bleiben. Deshalb lohnt sich auch jeder Cent, den wir in unser Geschäft investieren. Zumal auch der Standort unserer Metzgerei durch den gelungenen Umbau der Friedrichstraße an Attraktivität gewonnen hat. Wir stellen jedoch auch fest, dass die Menschen das Fleisch zunehmend mit einem kritischen Bewusstsein konsumieren: Sie wollen wissen, woher das Schnitzel kommt und wie es verarbeitet wird. Deshalb setzen wir auf Transparenz und bieten auch Seminare an, in denen wir zeigen, wie eine Schweinekeule oder ein Rinderviertel fachgereicht zerlegt werden. Diese Kurse werden hauptsächlich von jungen Leuten besucht. Das Durchschnittsalter liegt bei 35 Jahren.

Schweinefleisch hat allerdings erhebliche Imageprobleme.

Das registrieren wir auch. Die Nachfrage nach Schweinefleisch ist stark zurückgegangen. Dafür sind jetzt Rind und Geflügel sehr beliebt. Lamm ist nach wie vor ein Nischenprodukt, allerdings mit wachsender Perspektive. Keine andere Fleischsorte polarisiert den Konsumenten so stark wie das Lamm: Entweder wird es geliebt oder gehasst.

Seit einigen Jahren verschicken Sie mit Ihrem Onlineshop bundesweit frisches Fleisch in der Thermobox. Funktioniert dieses System?

Zehn Prozent unseres Umsatzes machen wir inzwischen mit dem Online-Handel. Unsere Spezialitäten wie feinfaserige Färsenbrüste oder flache Steaks aus der Flanke des Simmentaler Rinds sind vor allem in Ballungszentren wie Berlin oder Hamburg sehr beliebt.

Fragen von Stefan Zibulla

1940 übernahm Wilhelm Kiesinger seine erste Metzgerei am Tübinger Marktplatz 3, 1948 zog er mit seinem Geschäft in die Kronenstraße 4 um. 1950 baute er dann den heutigen Sitz des Unternehmens in der Friedrichstraße. Aktuell beschäftigt die Metzgerei 28 Mitarbeiter. Auch Seniorchef Günther Kiesinger bringt seine fachliche Kompetenz und langjährige Berufserfahrung in das Unternehmen ein.