Der Kommentar

Doch, der macht was

16.09.2020

Von Angelika Brieschke

„Rechte Flanke, Hasso, rechte Flanke“ rief der Mann an der Hundeleine, während er von seinem sehr großen und sehr kräftigen Haustier unbeirrt nach links gezogen wurde. ‚Rechte Flanke‘? Da musste sogar ich kurz nachdenken, was der gepflegte, stramm gezogene Herr seinem Hund, der direkt auf mich zuhielt, da eigentlich mitteilen wollte.

„Du willst doch jetzt keinen Ärger machen?“, blaffte die Frau auf dem Tübinger Markt ihr auf Abwege geraten wollendes Schoßhündchen an und zerrte es an der Leine wieder zu sich her. ‚Was‘, fragte ich mich, ‚erwartet sie als Antwort?‘ – ‚Wuff‘?

Hunde verstehen von der menschlichen Sprache im Grunde nur einfache Befehle wie „Sitz!“ und „Aus!“ und „Fass!“, einen Literaturzirkel kann man nicht mit ihnen gründen. Leider reden aber manche Hundebesitzer mit ihren Haustieren wie mit heranwachsenden Kleinkindern und wiederholte, unschöne Begegnungen mit unfähigem Hunde-Begleitpersonal lässt mich wünschen, dass unsere Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit ihrem neuen Verordnungsvorstoß nicht durchkommen möge: Sie will – das Tierwohl fest im Blick –, dass Hunde ausreichend Auslauf bekommen und deswegen sollen alle Hundehalter dazu verpflichtet werden, mit ihrem Tier mindestens zwei Mal täglich und insgesamt mindestens eine Stunde Gassi zu gehen.

Hilfe! Noch mehr Hunde, die unvermittelt an einem hochspringen oder einen bösartig ankläffen, während der Besitzer mit der Leine in der Hand aus der Ferne dümmlich ruft: „Der macht nichts“ oder (noch doofer): „Das hat er ja noch nie gemacht.“

Ganz oben auf meiner Liste merkwürdiger Tier-Mensch-Begegnungen beim Spazierengehen ist die junge Frau mit lebhaftem Mischlingshund, der – natürlich unangeleint – so begeistert von mir war, dass sie und ich ihn nur mit Mühe daran hindern konnten, mir ausgiebig das Gesicht abzuschlecken. Die dazugehörige Dame entschuldigte sich mehrfach, ganz offensichtlich peinlich berührt, mit den Worten: „Tut mir leid, der ist schlecht erzogen.“ – Ach was.

Viel sinnvoller als eine Gassi-Gehen-Verordnung, bei der auch völlig unklar ist, ob und wie das kontrolliert werden soll, wäre eine Hunde-Führerschein-Verordnung: also ein Nachweis darüber, dass Herr- und Frauchen in der Lage sind, mit ihrem Haustier sachgerecht umzugehen. Und das wünsche ich mir keineswegs nur von Kampfhunde-Besitzern.

Angelika Brieschke

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Erstellt:
16.09.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 07sec
zuletzt aktualisiert: 16.09.2020, 01:00 Uhr

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