Die Gabe zu heilen

Ein Buch über Menschen mit spirituellen Kräften

Die Journalistin Annette Maria Rieger macht die Pressearbeit für verschiedene Verlage, unter anderem für den Klöpfer & Meyer-Verlag in Tübingen. Jetzt hat sie selber ein Buch geschrieben.

05.04.2017

Autorin Annette Maria Rieger mit Anneliese Hoch im Garten vor deren Hof bei Haisterkirch. Die kräuterkundige Bäuerin betet freitagnachmittags bei abnehmendem Mond Warzen weg. Sie hat ihr Wissen von einer alten Frau aus einem Nachbarort übernommen und sagt jedem, der zu ihr kommt: „Mir probieren es halt. Wenn’s der Herrgott zulässt, passiert‘s.“ Bild: Stanislav Krupar

Autorin Annette Maria Rieger mit Anneliese Hoch im Garten vor deren Hof bei Haisterkirch. Die kräuterkundige Bäuerin betet freitagnachmittags bei abnehmendem Mond Warzen weg. Sie hat ihr Wissen von einer alten Frau aus einem Nachbarort übernommen und sagt jedem, der zu ihr kommt: „Mir probieren es halt. Wenn’s der Herrgott zulässt, passiert‘s.“ Bild: Stanislav Krupar

In Riegers Buch „Die Gabe zu heilen – Von wegen Wunder“ porträtiert sie zwölf Menschen, die für sich in Anspruch nehmen, Menschen durch ihre spirituellen Kräfte heilen zu können. Sie behandeln Hauterkrankungen mit Gebeten, sind hellsichtig oder gehen mit dem Pendel gegen Dämonen vor. Die Porträts sind als Begleitbuch zu dem gleichnamigen Dokumentarfilm von Andreas Geiger entstanden, in dem er fünf Heilerinnen und Heiler zu Wort kommen lässt. Das Buch stellt noch sieben weitere vor.

TAGBLATT-ANZEIGER: Glauben Sie an Geistheiler und Gesundbeter?

Annette Maria Rieger: Ich glaube, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als ich selber wahrnehmen kann und ich finde, dass jeder, der sich auf kranke Menschen einlässt, sei es die Hausärztin oder der Heiler, Respekt verdient. Als Betroffene wäre mein erster Weg jedoch eher der zum Schulmediziner oder zur Psychologin. Aber darum geht es überhaupt nicht. Ich wollte weder eine Werbeschrift für spirituelle Heiler schreiben, noch als investigative Journalistin alle als Scharlatane entlarven. Ich wollte mit einem Blick von außen diese Menschen für sich selber sprechen lassen und dem Leser ermöglichen, sich selbst ein Bild zu machen. Wie es scheint, ist mir das gelungen.

Was für Menschen haben Sie getroffen?

Überraschend und auffallend war für mich die Normalität und auch die Offenheit, mit der sich alle in ihrem ganz normalen Menschsein zeigen. Auch ihre Gabe zum geistigen Heilen betrachten sie als ganz normal. Angeblich haben wir ja alle diese Fähigkeiten und bei den meisten Menschen, so wurde mir immer wieder gesagt, sind sie bloß verkümmert. Die Heilerinnen und Heiler, die ich getroffen habe, sind dankbar für das, was sie können – und für das Leben an sich. Zu ihnen kann auch jeder kommen, sie sind sehr unvoreingenommen und wollen einfach helfen. Da ist eine große Menschenliebe und bei jedem auf seine Art eine Gabe zur buchstäblichen Be-Geisterung.

Worin liegt der besondere Erfolg der Heiler/innen?

Ich denke, dass hier der Wunsch nach Selbstbestimmung eine große Rolle spielt. Menschen, die Heiler aufsuchen, wollen sich nicht von einem hierarchischen Arzt-Patienten-Verhältnis abhängig machen, sondern selbst etwas tun, etwas über sich selbst herausfinden. Heiler können noch eine andere Perspektive auf eine Krankheit und deren Ursache aufzeigen und sicher auch gerade dadurch Selbstheilungskräfte aktivieren. Wichtig ist: Keiner der Menschen, die ich für mein Buch getroffen habe, verspricht Wunder – wer Wunder verspricht, ist in deren Augen ein Scharlatan. Der Alphirt Jakob Meile, der Rückführungen macht, sagt: „Es nützt nichts, etwas zu erkennen, man muss auch etwas draus machen.“

Viele der Heilerinnen und Heiler kommen aus Oberschwaben. Ist das Zufall?

Nicht wirklich. Gerade in ländlichen Gegenden hat man sich früher oft ohne Arzt oder Tierarzt behelfen müssen, da waren Gebetsheilungen und so genannte Sympathiemittelchen eben das, was zur Verfügung stand. Überhaupt hat Heilung ja wirklich sehr viel mit Glauben zu tun. In Regionen, in denen traditionelle Bräuche bewahrt wurden und Volksfrömmigkeit noch immer ausgeprägt ist, gilt das immer noch als hilfreiches altes Wissen und wird auch genutzt.

Wie sind die Heilerinnen und Heiler Ihnen begegnet? Gab es da Schwierigkeiten?

Nein. Ich bin für die Recherche mit dem tschechischen Fotografen Stanislaw Krupar in einem Mercedes Baujahr 1971 durch die Schweiz, Österreich und Süddeutschland gereist. Stanislaw ist 2,06 Meter groß und sicher gaben wir ein originelles Gespann ab, was uns den Zugang zu diesen Menschen sehr erleichtert hat. Man hat uns schnell geglaubt, dass wir unvoreingenommen auf die Heiler als Menschen zugehen und ein echtes Interesse an ihren besonderen Gaben hatten.

Wie sind die Reaktionen auf Buch und Film?

Auf der Premierentour gab es viele Menschen, die richtig erleichtert waren, dass wir das Thema so wertungs- und ideologiefrei angehen und durch den Film und das Buch sozusagen salonfähig machen und es nicht der Esoterik überlassen. Aber natürlich gibt es auch Leute, die echt zurück schrecken, wenn man von Heilern erzählt, die damit gar nichts anfangen können. Buch und Film polarisieren schon. Aber es entstehen auch immer ganz wunderbare Gespräche, man ist ja sofort bei sehr wichtigen Themen: Was hoffe ich? Woran glaube ich? Wo fühle ich mich mit meinen Leiden gesehen und angenommen?

Interview: Andrea Bachmann

Am Sonntag, 9. April, liest Annette Maria Rieger um 11 Uhr im Reutlinger Programmkino Kamino, Ziegelweg 3, aus ihrem Buch „Die Gabe zu heilen“. Im Anschluss daran ist der gleichnamige Dokumentarfilm von Andreas Geiger zu sehen.

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Erstellt:
05.04.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 18sec
zuletzt aktualisiert: 05.04.2017, 01:00 Uhr

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