Viel auf die Beine gestellt

Ein Doppeljubiläum: 25 Jahre CineLatino und 15 Jahre Cine Espanol

Das Filmplakat lässt keinen Zweifel: CineLatino und Cine Espanol sind entschlossen, ihren Doppelgeburtstag fröhlich zu feiern. Seit 25 Jahren zeigt das Team um Paulo Roberto de Carvalho, Kathrin Frenz und Pola Hahn Filme aus Lateinamerika, vor 15 Jahren sind Filme aus Spanien dazu gekommen.

18.04.2018

Das versammelte Organisationsteam des Festivals CineLatino (von links): Berenice Höntzsch, Pola Hahn, Irene Jung, Paulo de Carvalho und Kathrin Frenz. Bild: Bachmann

Das versammelte Organisationsteam des Festivals CineLatino (von links): Berenice Höntzsch, Pola Hahn, Irene Jung, Paulo de Carvalho und Kathrin Frenz. Bild: Bachmann

Ursprünglich war das CineLatino eine kleine entwicklungspolitische Filmreihe mit brasilianischen Filmen im Club Voltaire, dann kam man unter das Dach der Filmtage Tübingen und präsentierte die Filme im Kino Atelier – aber in der Spätschiene, um 22.45.

„Damals war das Festival noch im Winter, deshalb haben wir für die Programmhefte immer ganz knallige Farben genommen – das ist bis heute geblieben“, erinnert sich CineLatino-Mitbegründer und heutiger künstlerischer Leiter Paulo Roberto de Carvalho. 2004 gab es Geld aus Spanien und ein Angebot aus Mannheim, spanische Filme zu zeigen. „Da gab es dann zwei Festivals und irgendwann haben wir das richtig zusammengefasst“, resümiert Festivalkoordinatorin Kathrin Frenz im Zeitraffer die Geschichte der spanischsprachigen Tübinger Festivals.

Am 18. Aril ist es wieder so weit. CineLatino und Cine Espanol haben längst die Spätschiene im Atelier verlassen. In Tübingen, Stuttgart, Freiburg und Reutlingen werden insgesamt 42 Filme in 83 Vorstellungen gezeigt. In Tübingen sind es 35 Vorstellungen und ein Open Space Festival mit einem Open-Air-Kurzfilmabend in der Haaggasse und brasilianischen Kurzfilmen in vier Tübinger Kneipen. Am Samstag steigt die Festival-Geburtstagsparty mit Kurzfilmen und einem brasilianischen DJ im Schlachthaus. Einen großen Teil der Organisation dieser Angebote stemmt Berenice Höntzsch, die Inhaberin der Mexiko-Boutique „Cosita Bonita“ in der Haaggasse. „Wir wollen mit dem Open Space Leute mitnehmen, die nicht ins Kino kommen. Hier treffen sich verschiedene Szenen und verschiedene Generationen und es entsteht ein richtiges Festivalfeeling“, meint sie.

Weil alles mit brasilianischen Filmen angefangen hat, ist Brasilien in diesem Jahr Länderschwerpunkt. Das sei gerade jetzt besonders spannend, findet Paulo Roberto de Carvalho, denn mit der neuen Regierung gäbe es auch eine neue Kulturpolitik und es sei zu befürchten, dass in ein paar Jahren nur noch amerikanische Blockbuster auf brasilianischen Leinwänden zu sehen sind. „Wir können jetzt beobachten, wie sich die politische Krise auf das Filmland Brasilien auswirkt.“

Dass in Brasilien Portugiesisch gesprochen wird und die Zuschauer, die im Kino ihre Spanischkenntnisse auffrischen wollten, jetzt eventuell enttäuscht sein könnten, nehmen die Organisatoren in Kauf. Fünf Lang- und fünf Kurzfilme aus Brasilien stehen auf dem Programm, unter anderem der Eröffnungsfilm „Aquarius“ von Kleber Mendonca Filho. Er erzählt die Geschichte von Clara, die seit über 30 Jaren in einem Apartmenthaus am Strand von Reife wohnt. Das Haus soll verkauft und abgerissen werden, alle anderen Bewohner sind bereits ausgezogen, nur Clara will sich nicht aus ihrer Hängematte inmitten der riesigen Schallplattensammlung vertreiben lassen. „Das ist der beste brasilianische Film, den ich in den letzten Jahren gesehen habe“, schwärmt Pola Hahn, der vor allem die herausragende Hauptdarstellerin gefällt, die sich tapfer gegen korrupte Spekulanten zur Wehr setzt.

Aber natürlich ist das Festival nicht mit der Eröffnung vorbei, sondern bietet noch ein ganze Woche lateinamerikanisches und spanischen Kino. Wie auch dem Team der Französischen Filmtage fällt den Macher/innen des CineLatino und Cine Espanol auf: Es werden zur Zeit überdurchschnittlich viele Filme gedreht, in denen junge Leute im Mittelpunkt stehen. Da geht es um eine junge Frau, die so losgelöst von ihrem Körper lebt, dass sie ihre Schwangerschaft nicht bemerkt, um eine Erasmusstudentin im winterlichen Berlin oder um Jugendliche auf La Gomera, die mit 16 Jahren ihre Insel verlassen müssen, wenn sie eine weiterführende Schule besuchen wollen.

Wichtige Themen sind auch der Falkland-Krieg und die Situation der Afrobrasilianer, (weibliche) Sexualität und Migration. „Wir sind wirklich ganz breit aufgestellt“, freut sich Kathrin Frenz über die ganz unterschiedlichen Filme. Neun dieser Filme konkurrieren um den „Premio del publico Vivat Lingua“, der von der Tübinger Sprachenschule gestiftet und mit 1000 Euro dotiert wird.

„Angesichts unseres bescheidenen Budgets stellen wir wirklich viel auf die Beine“, stellt Paulo de Carvalho fest. Und Kathrin Frenz ergänzt: “Das liegt auch an unserem Team. Wir sind eine gut eingespielte Truppe, sogar unsere Praktikantinnen sind oft mehrere Jahre dabei und die Kommunikation ist super. So lässt sich eben viel bewegen.“ Andrea Bachmann

Das CineLatino eröffnet heute um 19.30 im Kino Museum. Programm unter www.filmtage-tuebingen.de/latino.