Der Kommentar

Endlich

10.02.2021

Von Angelika Brieschke

Endlich gibt es ein vernünftiges Konzept dafür, wie Schule in heutigen Pandemiezeiten stattfinden kann. Zumindest hier in Tübingen. Kernpunkt der Schulöffnungen sind dabei: freiwillige Schnelltests zwei Mal pro Woche für alle, die in die Schule gehen.

So was hätte ich mir schon für den Herbst gewünscht. Da waren die Schulen geöffnet worden mit einem Konzept, das im besten Falle als abenteuerlich bezeichnet werden konnte und im schlechtesten – dann eingetroffenen – Falle als ungeeignet. Das Konzept des Kultusministeriums bestand im Wesentlichen aus einer pompös klingenden Bezeichnung – „Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen“ – und Maßnahmen, die das Schulpersonal auf Trab und in nervöser Sorge gehalten hat. Da mussten Laufwege in Fluren gekennzeichnet, getrennte Pausenhof-Bereiche eingerichtet und überwacht, Schüler zur Toilette begleitet und regelmäßig Fenster geöffnet werden. Auf den Fluren bestand Maskenpflicht, in den Klassenräumen aber NICHT. Für die war das probate Mittel „Lüften“ angeordnet worden. Verstanden hat man bei diesem Konzept eigentlich nur das anwachsend mulmige Gefühl der Lehrerinnen und Lehrer, die in jeder Unterrichtsstunde ungeschützt in die Gesichter von mindestens 20 Haushalten geblickt haben.

Plexiglasscheiben? Luftfilter? FFP2-Masken? Schnelltests? Alles kein Thema. Dieses Schulöffnungskonzept hätte so auch in vorindustriellen Zeiten erarbeitet worden sein können. Dabei haben wir seitdem eine 200-jährige, wahrhaft imposante Wissenschafts- und Industrieentwicklung hinter uns. Da liegt die Vermutung nahe: Am Wissen hat’s nicht gelegen, sondern am Willen. Oder vielmehr am Unwillen, für den Bildungsbereich Geld auszugeben.

Denn das muss Tübingen tun für sein neues Öffnungskonzept: Geld ausgeben. Die Stadt geht mal wieder – wie vor Monaten schon bei den Schnelltests für Altenpflegeheime – in finanzielle Vorleistung in der Hoffnung, dass die Landes- und Bundespolitik irgendwann ein hoheitliches Einsehen hat und den Tübinger Weg als Blaupause übernimmt und bezahlt.

Die Notärztin Lisa Federle gilt zu Recht als die Erfinderin des Tübinger Weges „Testen, testen, testen“. Wenn sie sich jetzt medienöffentlich beschwert: „Ich mache hier die Arbeit des Sozialministeriums“, erscheint das zwar frech, ist aber leider wahr.